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Sarah (31 Jahre)
„Es gibt Hilfe, so viel Hilfe - das Frauenhaus, aber auch der Staat und das Arbeitsamt. Man braucht keine Angst zu haben, es gibt für alles Hilfe hier in diesem Land.“
Unter falschen Versprechungen kam ich in ein fremdes Land, um ein neues Leben mit meinem Ehemann zu beginnen. Was mich erwartete, war eine gewaltvolle Beziehung, die mir keinerlei Freiraum ließ. Als ich mein Kind erwartete, fiel den Krankenschwestern und Ärztinnen auf, dass ich Hilfe benötige. Zu dem Zeitpunkt konnte ich diese Hilfe allerdings noch nicht annehmen, aus Angst vor meinem Ehemann, aber auch aufgrund von falschen Informationen über Hilfeeinrichtungen, wie z.B. Frauenhäuser. Die Gewalt, die ich in meiner Ehe erleben musste, wurde so unerträglich, dass ich nach der Geburt meiner Tochter, bei den Nachbarn um Hilfe bat. Daraufhin bedrohte mich mein Ehemann mit einem Messer und ich wusste, dass ich mein eigenes Leben und das meiner neugeborenen Tochter schützen muss. Ich wartete auf den richtigen Moment, um mit meinem Baby zu flüchten. Bei einer Hilfsorganisation erzählte man mir, dass ich genau die Hilfe im Frauenhaus bekommen würde, die ich brauchte. Ich hatte also keine Wahl und fand den Mut und das Vertrauen, diese Hilfe anzunehmen. Was ich dort erlebte, kann ich nur als das Finden einer neuen Familie beschreiben. Die Pädagoginnen und Mitarbeiterinnen halfen mir dabei, mich von meiner Angst zu befreien und alle notwendigen behördlichen Vorgänge zu regeln. Nach vielen Monaten intensiver gemeinsamer Arbeit konnte ich mit meiner kleinen Tochter in eine eigene Wohnung ziehen, um den nächsten Schritt in eine bevorstehende Ausbildung zu gehen.
Ausführliche Darstellung: Ich bin vor vier Jahren nach Deutschland gekommen. Mit großer Hoffnung, endlich meinen Ehemann wieder zu sehen, endlich ein gemeinsames Leben beginnen zu können. Aber was mich hier erwartete, war schlimmer als ich es mir hätte vorstellen können. Es war ein Alptraum. Er hat mich eingesperrt, mich richtig weggesperrt. Ich war für ihn wie eine Haussklavin, musste kochen und putzen. Für seine ganze Familie. Auch für meine Schwiegermutter, die mich sehr schlecht behandelt hat. Ständig kamen Gäste zu Besuch, und auch die musste ich bedienen. Es war wirklich schlimm. Dass ich heute hier sitze, dass ich Deutsch sprechen kann und allein mit meiner Tochter in einer eigenen Wohnung wohne, das ist fast wie ein Wunder. Ich habe so viel Hilfe bekommen. Ich bin so dankbar. Und auch stolz auf mich.
Es gab viele furchtbare Momente, in denen ich nicht wusste, wie es weiter gehen sollte. Die Ankunft in Deutschland, der Moment als mein Mann heraus fand, dass ich mit einem Mädchen schwanger war und die Nacht als er mich mit einem Messer bedroht hat. Ich dachte, mein Leben wäre zu Ende. Nie hätte ich gedacht, dass er zu so etwas fähig ist. Er war wie ein anderer Mensch, eher wie zwei Menschen. Kurz nach der Hochzeit ist er aus unserer Heimat geflohen. Vor dem Krieg. Vor allem die Männer mussten fliehen, wenn sie nicht sinnlos sterben wollten. Ich blieb zurück und versuchte, so gut es geht weiter zu machen. Es war nicht einfach. Wir haben dann viel telefoniert. Er hat mir versprochen, dass ich studieren könnte, wenn ich zu ihm käme. Bei uns war Krieg, aber bei ihm klang alles so gut. Also bin ich ihm gefolgt. Ich dachte, dann würde alles besser werden. Aber als ich hier ankam, wurde es nicht besser. Ich musste auf einmal ein Kopftuch tragen. Das habe ich zuhause nie gemacht. In der Wohnung lebten so viele Menschen. Seine ganze Familie, und andere Leute. Und ich musste für alle kochen und putzen und durfte die Wohnung nicht verlassen. Sie hatten immer mehr Aufgaben für mich. Es gab ständig Ärger, nie waren sie zufrieden. Meine Schwiegermutter, beschimpfte mich und mein Mann fing an, mich zu schlagen. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ich durfte ja nicht weg. Und kannte niemanden. Wo sollte ich hin? Ich konnte auch mit niemanden sprechen. Dann wurde ich schwanger und er hörte auf mich zu schlagen. Vorerst. Aber ich musste weiterhin so viel arbeiten für alle. Als wir herausfanden, dass das Baby in meinem Bauch ein Mädchen ist, fing er wieder an mich zu verprügeln. Es war so schlimm, dass ich einfach davon lief. Ich stand allein auf der Straße, eine ganze Nacht. Das war keine Lösung. Ich wusste nicht, was ich machen sollte, also musste ich zurück gehen zu dieser Familie. Jemand, der häufiger zu uns zu Besuch kam, erzählte mir vom Frauenhaus. Er wusste was los ist, es bekamen ja alle mit. Von einem Frauenhaus hörte ich das erste Mal. Ich las jedoch viel Schlechtes darüber im Internet, dass ich da nicht hin wollte. Aber bleiben konnte ich auch nicht. Ich flehte meinen Mann an, dass er mir Geld für eine Zugfahrt gab. Ich wollte zu meiner Cousine fahren, die in einer anderen Stadt lebte. Dort blieb ich fast drei Monate. Mein Bauch wurde immer größer. Das Baby wuchs. Aber sie konnten nicht für mich sorgen. Ich hatte kein Geld und keine Ahnung, wie ich das Leben allein meistern sollte. Also bin ich zurück in diese Hölle. Sie schlugen mich weiter, mein Mann und meine Schwiegermutter, und ich musste weiter für sie die ganzen Arbeiten machen. Ich bekam nicht genug zu essen, durfte mich nicht ausruhen, aber ich war doch schwanger. Als ich ins Krankenhaus musste, sahen die Menschen dort, dass es mir nicht gut ging. Ich brachte meine Tochter auf die Welt und durfte noch ein paar Tage bleiben. Eine Sozialarbeiterin im Krankenhaus bot mir Hilfe an. Aber ich hatte ich richtig Panik. Ich hörte nicht was sie sagte und wollte nur, dass sie wieder geht, weil ich Angst hatte, dass mein Mann jeden Moment kommt. Nach ein paar Tagen waren wir wieder Zuhause, meine Tochter und ich. Niemand kümmerte sich um uns. Uns ging es sehr schlecht. Ich hatte jetzt nicht nur Angst um mich, sondern auch noch um mein Kind. In meiner Verzweiflung klingelte ich bei den Nachbarn, aber mein Ehemann erwischte mich. In dieser Nacht bedrohte er mich mit einem Messer und versprach mir, wenn ich das noch einmal machen würde, würde er mich und mein Kind umbringen. Von da an schlief ich selbst nur noch mit einem Messer unter der Matratze. Kurz darauf flüchtete ich mit meiner Tochter. Ich rannte einfach los, auf die Straße. Ich wollte nur noch weg. Es ging um unser Leben. Zum Glück fand ich diese Frau bei einer Frauenhilfsorganisation. Sie nahm mich auf und sagte mir, was ich jetzt machen müsste. Ich hatte ja kein Geld, keine Papiere. Die Polizei sorgte dafür, dass ich meinen Ausweis zurückbekam und die Frau von der Organisation half mir, einen Platz in einem Frauenhaus zu bekommen, weit weg von dieser Stadt, in der mein Ehemann lebt. Als ich im Frauenhaus ankam, das war wie der Himmel. Ich musste nicht mehr alles allein machen. Ich musste nicht mehr für alle abwaschen oder die Wäsche machen. Im Gegenteil. Die Frauen halfen mir, wenn ich erschöpft war und mich um meine Kleine kümmern musste. Oder sie nahmen mir mein Baby ab, damit ich schlafen konnte. Das hatte ich vorher noch nie erlebt. Die Frauen sind meine Schwestern, wie eine Familie. Sie sind mehr Familie als ich je kannte. Ich sage immer, ich bin dort zu einem Schmetterling geworden. Warum? Weil ich jetzt fliegen kann. Jetzt wohne ich in einer eigenen Wohnung. Ich allein mit meiner Tochter. Ich kann bald eine Ausbildung beginnen. Ich brauche keinen Mann, um für mich und mein Kind zu sorgen. Ich kann bestimmen, was ich mache, und was ich nicht mache. Und ich spreche Deutsch. Das hätte ich nie für möglich gehalten, dass in mir so viel Kraft steckt. Und ich weiß, wem ich das zu verdanken habe.