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Conny (55 Jahre)

„Der eigene Wille hat mich durchhalten lassen. Irgendwann gibt es dir richtige Stelle oder die richtige Person, die helfen kann. Ich habe mich jahrelang geschämt, aber es gibt einen Weg daraus. Ich bin nicht schuld an dem Missbrauch.“ 

Ich habe Jahrzehnte gebraucht, um den inner-familiären Missbrauch durch Onkel und Tante zu erfassen und zu verarbeiten. Nunmehr habe ich Frieden mit der Vergangenheit geschlossen und bin dankbar für die Unterstützung der letzten Jahre. Aber das war nicht immer so. Beginnend mit Panikattacken und Angstzuständen wurde es mir unmöglich, die Schule zu besuchen. Meine Eltern suchten Rat bei Ärzten und Fachleuten, die jedoch keine organische Ursache feststellen konnten und daher eine unbegründete Angststörung diagnostizierten. Mit 10 Jahren begann meine Odyssee in Form von starker Medikation mit Psychopharmaka, Psychiatrieaufenthalten und ein Leben voller Angst. Mit 27, alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, begann ich eine Therapie in einer Tagesklinik. Hier stellten die Therapeuten erstmals Fragen zu meiner Kindheit. Die verdrängten Erinnerungen an den familiären Missbrauch durch Onkel und Tante offenbarten sich und führten dazu, dass ich mir Verletzungen zufügte und schließlich einen Suizidversuch beging. Das führte mich für mehrere Monate in die geschlossene Psychiatrie. Erneut erhielt ich starke Medikament, konnte jedoch mit Hilfe anderer Therapieangebote zurück ins Leben finden. Ich schaffte es, meine Kinder zurück zu bekommen, einen Karriereweg einzuschlagen und fand schließlich auch einen Partner, der mich akzeptierte. Die „Marotten“ blieben und führten dazu, dass ich gemeinsam mit meinem Partner, auf dessen Bitte, erneut eine Beratung in Anspruch nahm. Erst da, mit mittlerweile 50 Jahren, konnte ich das Erlebte vollständig verarbeiten und mich mit der Vergangenheit versöhnen. Ich bin dankbar für die Unterstützung der letzten Jahre und möchte betroffene Frauen ermutigen, Hilfe zu suchen.

Ausführliche Darstellung: Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll zu erzählen. Das alles liegt so lange zurück. Meine Mutter hat als Krankenschwester an der Uniklinik gearbeitet, mein Vater war „ein hohes Tier“ bei der Polizei, wie man so schön sagt. Wir wohnten gemeinsam mit meiner Oma und meinem Onkel und meiner Tante in einem Haus. Wenn meine Eltern arbeiten waren, wurde ich oft von meinem Onkel und meiner Tante betreut. Hinter der Fassade einer wohlhabenden, angesehenen Familie verbrachte ich jedoch alles andere als eine glückliche Kindheit.

Es begann mit Panikattacken. Ich konnte nicht alleinbleiben, ich konnte nicht zur Schule gehen, ich konnte teilweise nicht mehr laufen. Meine Eltern holten sich Rat bei Ärzten und Fachleuten, doch niemand fand die Ursache – oder wollte sie nicht finden. Mein Vater vermutete Schulverweigerung hinter meinem Verhalten. Die Ärzte diagnostizierten aufgrund fehlender organischer Ursachen eine unbegründete Angststörung. Im Ergebnis wurde ich erstmalig mit 10 Jahren in die psychiatrische Kinderabteilung eingewiesen. Der Beginn von mehreren Psychiatrieaufenthalten und jahrelanger, schwerer Medikation.

Mit 27 Jahren, mittlerweile alleinerziehende Mutter von 2 Kindern, versuchte ich, meine Angstzustände mittels Therapie in einer Tagesklinik zu überwinden. Hier suchten die Therapeuten erstmals nach Ursachen in meiner Kindheit. Die Erinnerungen an den (sexuellen) Missbrauch durch Onkel und Tante waren so furchtbar, dass sie dazu führten, dass ich mir selbst Verletzungen zufügte und schließlich einen Suizidversuch unternahm. In einem mehrmonatigen Aufenthalt in der geschlossenen Psychiatrie begegnete man mir erneut zunächst mit medikamentöser Behandlung, auf meinen Wunsch hin auch mit Therapiemaßnahmen, mit denen ich mich schrittweise zurück ins Leben kämpfte. Als ich die Klinik verließ, schaffte ich es meine beiden Kinder zu mir zu nehmen, eine berufliche Karriere zu starten und fand schließlich auch einen Partner, der meine „besonderen Eigenschaften“ akzeptierte.

Letztendlich brauchte es dann aber doch noch einen letzten Schritt, um mich endgültig mit der Vergangenheit zu versöhnen. Meine „Marotten“ führten dazu, dass mein Ehemann, Rat bei einer Beratungsstelle suchte. Er überzeugte mich schließlich, ihn zu begleiten. Auch dort erkannte eine Mitarbeiterin die Ursachen in meiner Kindheit. Ich begann erneut mit der Aufarbeitung meiner Vergangenheit. Erst jetzt konnte ich die Spirale aus Schuld und Scham durchbrechen. Darüber zu reden hat mir geholfen. Ich bin meinem Mann dankbar, dass er sich an die Beratungsstelle gewendet hat. Jetzt geht es uns viel besser zusammen. Das Reden, das war mein Schlüssel zur Verarbeitung des Erlebten, der jahrelangen Medikation und des teilweise Nichterkennens bzw. Wegschauens: „Ich war das einzige Kind einer angesehenen Familie und doch stimmte etwas nicht mir. Das durfte es nicht geben!“ Mit meiner Geschichte möchte ich betroffene Frauen ermutigen, darüber zu reden und Hilfe zu suchen. Damit es anderen Frauen nicht so gehen muss, habe ich auch eine Selbsthilfegruppe gegründet. Mir ist wichtig, dass wir uns gegenseitig stärken.