Kündigung Rahmenvertrag Eingliederungshilfe Sachsen-Anhalt
Der Rahmenvertrag des Landes Sachsen-Anhalt zur Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen nach § 131 Abs. 1 SGB IX ist gemäß § 131 Abs. 1 S. 1 zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe (Land Sachsen-Anhalt) und den Vereinigungen der Leistungserbringer zu schließen. Die Landesregierung hat den Rahmenvertrag zum 31.12.2024 gekündigt. Zur Fristwahrung ist die schriftliche Erklärung der Kündigung allen Vertragspartnern bis zum 31.03.2024 zugegangen.
Voranzustellen ist, dass es durch die Kündigung des Rahmenvertrages nicht zu Leistungseinschränkungen für Menschen mit Behinderungen im Land Sachsen-Anhalt kommt. Der aktuelle Rahmenvertrag gilt bis zum Ende des Jahres. Der Träger der Eingliederungshilfe hat die Vereinigungen der Leistungserbringer mit der Kündigung zur umgehenden Aufnahme von Neuverhandlungen aufgefordert, mit dem Ziel diese zeitnah abzuschließen. Sollte dies nicht gelingen, wird die Landesregierung die Inhalte per Rechtsverordnung regeln und somit die Erbringung der Leistungen der Eingliederungshilfe sicherstellen. Der Leistungsträger hat mit den Leistungserbringern zum 01.01.2024 individuelle Leistungsvereinbarungen gemäß § 125 Absatz 2 SGB IX abgeschlossen. Das bedeutet: Alle abgeschlossenen Leistungsvereinbaren sind unbefristet und ungekündigt. Damit gelten die Leistungsvereinbarungen gemäß § 125 Absatz 2 SGB IX weiter und sind weiterhin Grundlage der Leistungserbringung. Ein Sozialabbau zu Lasten der Menschen mit Behinderung ist nicht zu befürchten.
Mit der Einführung des neuen Rahmenvertrages des Landes Sachsen-Anhalt zur Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen nach § 131 Abs. 1 SGB IX sollte die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) auf Landesebene vollzogen werden. Im fünften Jahr seit Inkrafttreten des Rahmenvertrages ist festzuhalten, dass die Umsetzung des BTHG leider nur bedingt gelungen ist. Insbesondere die Entwicklung einer wirksamen Deinstitutionalisierungsstrategie, die den Anforderungen einer modernen, inklusiven Gesellschaft und der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gerecht wird, wurde sehr zögerlich und schleppend in der Praxis angegangen. Die Einrichtungslandschaft im Land Sachsen-Anhalt ist nach wie vor durch die besondere Wohnform geprägt. Der Weg zu einer personenzentrierten Eingliederungshilfe mit vielfältigen Angeboten gestaltet sich schwierig. Dies zeigt sich auch daran, dass die sogenannte „Umstellung“ in das neue System bisher nur für sehr wenige Träger tatsächlich vollumfänglich erfolgte. Hingegen wurde die Übergangsvereinbarung, die im Rahmenvertrag verankert ist und für eine einmalige Anwendung im ersten Jahr angedacht war, über mehrere Jahre in Anwendung gebracht und bei Nichtverlängerung kritisiert. Weitere wesentliche Punkte des Rahmenvertrages im Hinblick auf Ambulantisierung und Personenzentrierung, wie das Verhältnis zwischen Pflege und Eingliederungshilfe je nach Wohnform oder die Schaffung einheitlicher Regelungen von Leistungen und Vergütungen im ambulanten Bereich, sind nicht abschließend geklärt oder noch völlig offen. Der Träger der Eingliederungshilfe hat im Rahmen der Neuverhandlungen nunmehr eine umfassende Deinstitutionalisierungsstrategie vorgelegt, in deren Mittelpunkt die rahmenvertraglich festgeschriebene Modularisierung der Leistungen der Eingliederungshilfe stehen soll um eine individuell personenzentrierte Leistungsgewährung zu ermöglichen. In den bestehenden Verhandlungsgesprächen wurde die personenzentrierte Modularisierung bereits vorgestellt, diskutiert und von den Vertragsparteien begrüßt. Wir gehen weg von dem Denken, was hält eine Einrichtung an Leistungen vor, hin zu dem, was will und braucht der Mensch in seiner Lebenssituation! Am bestehenden Bedarf der einzelnen Personen sind die Leistungen auszurichten, so sieht es konsequenter Weise der Bundesgesetzgeber mit dem BTHG vor und so soll es in Anwendung gebracht werden.
Im Bereich der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen sind vergleichende Parameter feststellbar, die weiterhin der Institutionalisierung zuzurechnen sind und weniger dem Gedanken einer Deinstitutionalisierung. Zum 31.12.2022 waren in Sachsen-Anhalt 8,4 leistungsberechtigte Personen pro 1000 Einwohner im Arbeitsbereich der WfbM beschäftigt. Das Mittel im Bundesvergleich liegt bei 5,2 LB je 1000 Einwohner. Hier muss das Ziel verfolgt werden, die Chancen der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als Alternative zur Werkstattbeschäftigung zu verbessern. Zudem ist die Schaffung von Inklusionsbetrieben eine weitere Option, um Teilhabe am Arbeitsleben inklusiv zu ermöglichen. Auch hier wurden bereits in den Vertragsgesprächen Annäherungen mit Hilfe von Zielvereinbarungen zu notwendigen Veränderungen für die Beschäftigten eingebracht, diskutiert und begrüßt.
Die aktuell mangelnde Deinstitutionalisierung der Eingliederungshilfe in Deutschland hat auch zu Kritik bei der Umsetzung der UN-BRK im Rahmen der Staatenprüfung geführt. Das zeigt, wir haben hier im Land Nachholbedarf. In den Verhandlungen neuer Rahmenvereinbarungen wird die Chance gesehen, die fachlichen Ziele der Inklusion noch stärker zu verfolgen und besser erreichen zu können.
Mit der Kündigung des Rahmenvertrages zum 31.12.2024 wird ein katalysatorischer Effekt eingeleitet werden können, um die Bereitschaft zur Umsetzung des BTHG zu beschleunigen.
Zum Verfahren
Gemäß § 14 Abs. 3 RV kann der Rahmenvertrag mit einer Frist von neun Monaten jeweils zum Jahresende gekündigt werden. Die Kündigung muss schriftlich mit Einschreiben gegenüber allen Vertragsparteien erfolgen. Für den Fall einer wirksamen Kündigung des Rahmenvertrages verpflichten sich die Vertragsparteien unverzüglich in Verhandlungen einzutreten.
Dies bedeutet, dass zunächst bis zum Ende des Jahres 2024 der aktuelle RV Bestand hat. Sollte kein neuer RV abgeschlossen werden, wird eine Verordnung durch die Landesregierung erlassen. Rechtsgrundlage dafür ist § 131 Abs. 4 SGB IX. Der Leistungsträger hat mit den Leistungserbringern zum 01.01.2024 individuelle Leistungsvereinbarungen gemäß § 125 Absatz 2 SGB IX abgeschlossen. Diese gelten unbefristet und sind ungekündigt. Damit gelten die Leistungsvereinbarungen gemäß § 125 Absatz 2 SGB IX weiter und sind weiterhin Grundlage der Leistungserbringung. Somit wird gewährleistet, dass alle Menschen ihre Leistungen nahtlos weiter erhalten. Leistungsempfänger werden weiterhin die Hilfe erhalten, die sie benötigen. Die Verhandlungen eines RV werden darüber hinaus fortgesetzt. Selbst wenn trotz der wöchentlichen Verhandlungsrunden am Jahresende kein neuer Landesrahmenvertrag stehen sollte, laufen die Leistungsvereinbarungen weiter.