Aufbau und Struktur des Gesetzes
Das Gesetz gliedert sich in sechs Abschnitte mit insgesamt 39 Paragraphen.
Das neue Gesetz orientiert sich an der Lebenswirklichkeit der Menschen und an ihrem Wunsch, möglichst lange möglichst selbstbestimmt leben zu wollen. Es löst sich daher von der überholten Kategorie des „Heimes“ und des Heimbegriffs und geht konsequent den Weg der Vielfalt der Wohnformen. Der Anwendungsbereich des Gesetzes richtet sich – ausgehend vom Individuum (personenzentrierter Ansatz), nicht von der Einrichtung – danach, unter welchen Rahmenbedingungen Menschen gemeinschaftlich wohnen und dabei Pflege- und andere Betreuungsleistungen erhalten. Je höher der Grad der strukturellen Abhängigkeit von einem Träger ist, umso stärker ist der gesetzliche Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner ausgestaltet. Bezüglich der Frage des Anwendungsbereiches unterscheidet das Gesetz drei Kategorien:
- Stationäre Einrichtungen sind Wohnformen mit einem umfassenden Leistungsangebot, in denen Bewohnerinnen und Bewohner Leistungen des Wohnens sowie zugleich der Pflege und Betreuung, häufig auch der hauswirtschaftlichen Versorgung und Verpflegung, aus einer Hand erhalten und nicht frei wählen können. In stationären Einrichtungen kommen die ordnungsrechtlichen Bestimmungen in vollem Umfang zur Anwendung.
- Nicht selbstorganisierte Wohnformen sind solche, in denen die Bewohnerinnen und Bewohner bereits einen höheren Grad der Selbstbestimmung und Teilhabe oder einen geringeren Grad an struktureller Abhängigkeit erleben, die aber von einem Initiator oder Träger strukturell abhängig sind. Dazu gehören nicht selbstorganisierte ambulant betreute Wohngemeinschaften (Pflege-, Demenz- oder auch Behinderten-Wohngemeinschaften) sowie betreute Wohngruppen für Menschen mit Behinderungen, die einem abgestuften Ordnungsrecht mit geringeren ordnungsrechtlichen Anforderungen unterliegen.
- Selbstorganisierte Wohngemeinschaften sind dagegen solche, welche durch die Betroffenen selbst oder von deren Angehörigen organisiert sind und in denen der Pflege- oder Betreuungsdienst nur einen Gaststatus hat. Diese werden wie Wohnen in der eigenen Häuslichkeit behandelt und unterliegen – ebenso wie das klassische Betreute Wohnen mit geringen allgemeinen Unterstützungsleistungen (das sogenannte „Service-Wohnen“) - nicht dem Anwendungsbereich des Gesetzes und damit nicht der Kontrolle durch die zuständige Aufsichtsbehörde. Für Interessierte an solchen Wohnformen besteht aber ein Beratungsanspruch gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde, um diese alternativen Wohnformen gezielt zu fördern und voranzubringen.
Die stationären Einrichtungen werden einmal jährlich und in der Regel unangemeldet geprüft mit der Möglichkeit jederzeitiger Anlassprüfungen. Die sonstigen nicht selbstorganisierten Wohnformen werden nach einer Erstprüfung mit gleichzeitiger Beratung durch die zuständige Behörde nur anlassbezogen überprüft, dass heißt nur dann, wenn es zu Klagen oder Beschwerden über die Wohnform gekommen ist. Dabei geht die Aufsichtsbehörde nach dem Wohn- und Teilhabegesetz jeder Beschwerde oder Eingabe nach.