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Sachsen-Anhalt legt als erstes ostdeutsches
Bundesland Bericht über Armut und Reichtum vor / Minister Kley: Mädchen und
Frauen aussichtsreiche berufliche Zukunft eröffnen
16.04.2003, Magdeburg – 43
- Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
Ministerium für Gesundheit und Soziales - - Pressemitteilung Nr.:
043/03
Ministerium für Gesundheit und
Soziales - Pressemitteilung Nr.: 043/03
Magdeburg, den 16. April 2003
Sachsen-Anhalt legt als erstes ostdeutsches
Bundesland Bericht über Armut und Reichtum vor / Minister Kley: Mädchen und
Frauen aussichtsreiche berufliche Zukunft eröffnen
Magdeburg. In Sachsen-Anhalt dominiert
Armut, die durch besondere Konfliktsituationen wie wiederkehrende
Arbeitslosigkeit oder Schulden durch Scheidung und ungewohntes Konsumverhalten
entstanden ist. Zu diesem Ergebnis kommt der Bericht über Armut und Reichtum,
den Sachsen-Anhalt als erstes ostdeutsches Bundesland vorgelegt hat. Generationsübergreifende
(¿vererbte¿) Armut und Armut durch Zuwanderung sind eher die Ausnahmen. Als
Ursache dafür sieht der Bericht, dass Sachsen-Anhalt die Folgen des
tiefgreifenden Strukturwandels nach der Wiedervereinigung - weg vom
produzierenden Gewerbe und hin zu einer modernen Dienstleistungsgesellschaft ¿
noch immer nicht überwunden hat.
Sozialminister Gerry Kley bezeichnete den Bericht
als erste Datenbasis, die gesicherte Informationen liefere, aber in ihren
Ergebnissen nicht überraschend sei. Kley sagte: ¿Unser Kernproblem ist nach wie
vor - und darüber sind wir uns im Klaren - die hohe Arbeitslosigkeit. Das ist
die Schlüsselstelle, um das Armutsrisiko grundsätzlich zu verringern. Darüber
hinaus müssen wir aber noch differenzierter hinterfragen, an welchen Stellen
Politik steuernd wirken kann. Ich denke da insbesondere an Kinder,
alleinerziehende Frauen und alleinlebende ältere Frauen, für die der Bericht
ein höheres Armutsrisiko feststellt."
Wichtig sei es beispielsweise, so Kley, Mädchen und
junge Frauen schon sehr früh für zukunftsorientierte Berufe zu interessieren,
die später gute Entwicklungschancen sowie eine bessere Bezahlung böten und
zudem auch familienfreundlicher seien. Hier sei das Internetportal FUJOGI
("Future Jobs for Girls") ein wichtiger Baustein, der aber noch
stärker mit anderen Programmen vernetzt werden müsse. "Es geht darum,
Mädchen und jungen Frauen Angebote für eine aussichtsreiche berufliche Zukunft
im Land zu machen." In diesem Zusammenhang kündigte der Minister eine
Neuausrichtung des Mentoring-Programmes für junge Frauen in Sachsen-Anhalt an,
um speziell der Abwanderung junger hochqualifizierter Frauen in andere
Bundesländer noch besser entgegen wirken zu können.
Insgesamt
schätzt die Studie das Armuts-Potenzial in Sachsen-Anhalt höher ein als in den
alten Bundesländern. Dafür sprechen drei Indizien: Zum einen liegt die
Armutsquote (18 Prozent) über dem Durchschnitt der alten Bundesländer (12
Prozent). Zum anderen fällt das unterdurchschnittliche Einkommen und Vermögen
der Langzeitarbeitslosen ins Gewicht. Ein weiteres Indiz dafür liefert das
durchschnittliche Nettogeldvermögen, das in Sachsen-Anhalt pro Haushalt zwar
gestiegen, aber nicht einmal die Hälfte des Durchschnittswertes der alten
Bundesländer erreicht hat (14.000 Euro - 35.000 Euro).
Als positive Trends vermerkt der Bericht die realen
Einkommenssteigerungen bei den Erwerbstätigen, erhebliche Verbesserungen in der
Wohnqualität sowie einen deutlichen Anstieg der Lebenserwartung. Auffallend ist
auch ein Ergebnis aus einer Repräsentativbefragung: So ist für 70 Prozent der
Befragten die Zufriedenheit mit der Lebenssituation zuerst abhängig von der
beruflichen Stellung und erst an zweiter Stelle von der finanziellen Situation.
Demnach wiegt Perspektivlosigkeit schwerer als Armut.
Der Bericht lehnt sich in seiner Struktur an den
Bundesbericht, der im Mai 2001 veröffentlicht wurde, an. Damit ist eine
Vergleichbarkeit gegeben. Er basiert aber zusätzlich auf einer
Repräsentativbefragung von über 4.000 Sachsen-Anhaltern. Dazu wurden
Face-to-Face-, aber auch telefonische Interviews und eine Fragebogenaktion
durchgeführt.
Der Bericht wurde im Auftrag des Ministeriums für
Gesundheit und Soziales vom Institut empirica GmbH Berlin erstellt und durch
einen wissenschaftlichen Beirat begleitet. In dem Beirat arbeiteten die
verschiedensten Akteurinnen und Akteure der Wohlfahrtsverbände, Initiativen,
Kirchen, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und aus der Forschung mit.
Ergebnisse im Überblick
Einkommen/Vermögen von
Altersstruktur abhängig
Bei den Einkommenssteigerungen
gibt es laut Studie generationsspezifische Unterschiede. So können die heute
unter 40-jährigen als Gewinner der Wiedervereinigung betrachtet werden. Ihre
Einkommen haben sich im Wesentlichen an das Niveau ihrer Altersgenossen in den
alten Bundesländer angeglichen. Allerdings müssen sie für dieses Einkommen eine
höhere Arbeitsleistung erbringen. Spitzeneinkommen sind die Ausnahme.
Auch heutige
Rentner und Rentnerinnen haben von einer schnellen Anpassung der Rentenwerte an
das Westniveau profitiert, wenngleich ihre gesamte Vermögenssituation niedriger
ausfällt als die der Rentner im früheren Bundesgebiet.
Problematisch erscheint die Situation der zur
Wendezeit über 45- bis 55-jährigen, deren Einkommen und Vermögen durch häufige
Arbeitslosigkeit geschmälert wurden und die perspektivisch geringere
Rentenansprüche geltend machen können.
Verbesserung der Wohnqualität
Wohnungen bieten in Sachsen-Anhalt mittlerweile
nicht nur eine viel höhere Qualität, auch die pro Kopf der Bevölkerung zur
Verfügung stehende Wohnfläche ist vergleichsweise hoch. So liegt Sachsen-Anhalt
im Ländervergleich sogar über dem durchschnittlichen Versorgungsniveau in
Ostdeutschland. Im statistischen Mittel bieten die Wohnungen hier jedem
Haushaltsmitglied einen Quadratmeter mehr Wohnfläche.
Deutlicher Anstieg der Lebenserwartung
Der Bericht weist für weibliche Neugeborene im
Zeitraum 1991-93 bis 1997-99 einen Anstieg um 2,6 auf 79,4 Jahre. Für männliche
Neugeborene beträgt der Zuwachs sogar 3 auf 72, 5 Jahre.
Höheres Armutsrisiko bei
Kindern sowie alleinerziehenden und alleinlebenden Frauen
Trotz eines erheblichen Rückgangs seit 1992 lebte
in Sachsen-Anhalt Ende der neunziger Jahre jedes sechste Kind in
einkommensarmen Haushalten, im früheren Bundesgebiet betraf dies nur jedes
zehnte Kind. Von Armut besonders betroffen sind weibliche Alleinerziehende und
weibliche Alleinlebende. So finden sich weibliche Alleinlebende in
Sachsen-Anhalt fast doppelt so häufig unterhalb der Armutsgrenze als im
früheren Bundesgebiet.
Räumliche Ballung von
Armut
Der Bericht belegt, dass in Sachsen-Anhalt ein
Prozess der "Verräumlichung der Armut" eingesetzt hat. Allerdings
befindet sich dieser Prozess erst im Anfangsstadium. Das wird daran erkennbar, dass bislang beispielsweise
eine Wechselbeziehung von "schlechten Wohngebieten" und
"schlechten Schulen" nicht beobachtet werden kann.
Eine Kurzfassung des Berichtes ist auf der Homepage
des Ministeriums für Gesundheit und Soziales unter www.ms.sachsen-anhalt.de zu finden.
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