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?Kein Täter werden?: Menschen mit pädophiler Neigung erhalten anonym Hilfe
17.06.2020, Magdeburg – 192
- Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
Magdeburg. Als bundesweit erstes Flächenland startet Sachsen-Anhalt gemeinsam mit
der Charité ? Universitätsmedizin Berlin ein Fernbehandlungs-Projekt für
Jugendliche und Erwachsene mit pädophiler Neigung. ?Der sexuelle Missbrauch von
Kindern gehört zu den abscheulichsten Straftaten?, sagt Sozialministerin Petra
Grimm-Benne vor dem Hintergrund der jüngsten Missbrauchsfälle in Münster, Lüdge
oder Bergisch Gladbach. Die Opferzahlen seien hoch. Im vergangenen Jahr wurden
bundesweit fast 15.000 Mädchen und Jungen Opfer sexuellen Missbrauchs, in
Sachsen-Anhalt 579. ?Das sind Fälle, die angezeigt wurden, die Dunkelziffer ist
viel höher?, sagt Grimm-Benne. ?Hier müssen wir dringend im Vorfeld präventiv
tätig werden, um weitere Missbrauchstaten zu verhindern.?
Zusammen mit dem Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der
Charité ? Universitätsmedizin Berlin als Projektträger bietet Sachsen-Anhalt ab
sofort eine kostenlose und anonyme Fernbehandlung als virtuellen Standort des
Präventionsnetzwerkes ?Kein Täter werden? über das Internet an. ?Ziel ist es
dabei, sexuellen Missbrauchshandlungen an Kindern in einem Stadium vorzubeugen,
in dem noch nichts vorgefallen ist?, erklärt Initiator und Institutsdirektor
Prof. Dr. Dr. Klaus M. Beier. Die aktuelle Forschung gehe davon aus, dass sich
bei Menschen sexuelle Ausrichtungen in der Pubertät manifestieren, wozu auch
die pädophile Neigung als die sexuelle Ansprechbarkeit für den kindlichen
Körper gehört. ?Menschen mit pädophilen Neigungen brauchen Beratung, damit
Missbrauch verhindert werden kann?, sagt Grimm-Benne und betont, dass durch den
Fernbehandlungsansatz auch die Hemmschwelle zur Kontaktaufnahme von Betroffenen
niedriger ist.
?Die sexualmedizinische Diagnostik erlaubt eine zuverlässige Beurteilung
der sexuellen Neigung und deren Risikoeinschätzungen?, sagt Prof. Dr. Dr. Beier.
Das sei für die nachfolgende Therapie eine wichtige Voraussetzung. Bisherige
Erfahrungen zeigten, dass durch das Behandlungsprogramm Risikofaktoren für
sexuellen Missbrauch reduziert werden können. ?Im Verlauf der Therapie erlernen
die Patienten Strategien zur Verhinderung von sexuellen Übergriffen und der
Nutzung von Missbrauchsabbildungen?, fasst Prof. Beier zusammen.
Auch für Jerome Braun, Geschäftsführer der Deutschen Kinderschutzstiftung
Hänsel + Gretel, die das Präventionsprogramm seit seinem Start unterstützt, ist
das therapeutische Angebot von ?Kein Täter werden? ein wichtiger Baustein in
der Prävention sexuellen Kindesmissbrauchs: ?Das Hilfsangebot für Menschen mit
pädophiler Neigung verfolgt, genau wie Maßnahmen in Kindergärten und Schulen,
das Ziel, Kindesmissbrauch zu verhindern. Vorbeugende Maßnahmen sind
Kinderschutz. Jede verhinderte Tat schützt ein Kind.?
Sollte ein persönlicher Kontakt für die Diagnostik in Berlin notwendig werden,
sollen Betroffene nach Berlin reisen können. ?Das Projekt sieht auch dafür die
entsprechenden Reisekosten vor?, sagt Grimm-Benne. Das Sozialministerium unterstützt
die Öffentlichkeitsarbeit des Projekts seit 2018 und finanziert in diesem Jahr
rund 74.000 Euro, die Charité ? Universitätsmedizin Berlin nimmt dafür rund
15.000 Euro in die Hand. Für ein mögliches zweites Modelljahr sind im Landeshaushalt
rund 100.000 Euro reserviert. Zudem sind in Sachsen-Anhalt die Haushaltsansätze
für den präventiven Kinderschutz kontinuierlich erhöht worden. Standen im Jahr
2019 rund 282.500 Euro zur Verfügung, sind es 2020 385.500 Euro und im Jahr
2021 rund 460.500 Euro.
Hintergrund:
Im Internet ist das Präventionsnetzwerk ?Kein Täter werden? erreichbar
unter: www.kein-taeter-werden.de. Termine können
auch telefonisch oder per E-Mail vereinbart werden unter 030 450529350 bzw.
sachsen-anhalt@charite.de.
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