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Gesundheitsprobleme häufiger bei
Kindern aus sozial schwachen Familien / 5. Landesgesundheitskonferenz
präsentiert Ergebnisse zur Kindergesundheit
02.02.2011, Magdeburg – 14
- Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
Ministerium für Gesundheit und Soziales - - Pressemitteilung Nr.:
014/11
Ministerium für Gesundheit und Soziales -
Pressemitteilung Nr.: 014/11
Magdeburg, den 2. Februar 2011
Gesundheitsprobleme häufiger bei
Kindern aus sozial schwachen Familien / 5. Landesgesundheitskonferenz
präsentiert Ergebnisse zur Kindergesundheit
Die meisten Kinder in Sachsen-Anhalt sind gesund.
Zugleich sind aber Gesundheit und Gesundheitsverhalten stark vom sozialen
Status abhängig. Das geht aus der aktuellen Schulanfängerstudie und dem Kinder-
und Jugendgesundheitsbericht hervor, die am Mittwoch auf der 5 Landesgesundheitskonferenz
in Magdeburg präsentiert wurden.
Bronchitis und Lungenentzündung sind seit 1991
kontinuierlich auf dem Rückzug, die Zahngesundheit hat sich verbessert, und
immer mehr Kinder lassen sich impfen. Dagegen zeigt sich aber auch, dass Kinder
aus sozial benachteiligten Familien häufiger übergewichtig sind, wegen
Bronchitis im Krankenhaus behandelt werden müssen und seltener an
Freizeitaktivitäten teilnehmen. Immer häufiger rauchen junge Frauen auch
während der Schwangerschaft weiter.
Minister Bischoff sagte: ¿Gesundheitserziehung und
Aufklärung sind wichtig und beginnen in der Kindertageseinrichtung. Zugleich
zeigen die Ergebnisse, dass wir noch stärker an die Eltern heran müssen. Ihr
Verhalten bestimmt das Verhalten der Kinder. Wenn zu Hause niemals ein Apfel
oder eine Möhre auf den Tisch kommen, wissen die Kinder in der Kita damit auch
nichts anzufangen. Kitas sind nicht nur Orte, in denen Wissen erlernt wird, sie
sollen auch gesunde Verhaltensweisen an Kinder und Eltern vermitteln. Unser
Modellprojekt der Kinder-Eltern-Zentren ist ein gutes Beispiel dafür, wie Kitas
Familien unterstützen können. Sie beziehen Familien aktiv ein und bieten Angebote
der Familienberatung und -bildung. Wichtig ist, dass die frühzeitige Bildung in
der Kita auch in den Schulen fortgesetzt wird, um Gesundheitsrisiken
vorzubeugen.¿
Bischoff will eine zielgruppenorientierte Gesundheitsarbeit.
Er lobte in diesem Zusammenhang den Ansatz der Landesvereinigung für Gesundheit,
die im Auftrag des Landes die Umsetzung der Gesundheitsziele koordiniert. Mit
Modellprojekten werden sehr konkret die Menschen in ihrer Lebensumwelt
angesprochen. So wird beispielsweise im Landkreis Börde ein Familienzentrum zu
einem regionalen Kompetenzzentrum für Ernährung und Bewegung entwickelt.
Familien mit Kindern sollen dort mehr über gesundes Essen lernen und sie erfahren,
wie man im Alltag die Bewegung fördern kann.
Ergebnisse
im Einzelnen:
Bronchitis
Am häufigsten litten Kinder unter Infekten der
oberen Atemwege, dabei an erster Stelle an Bronchitis. Die Erkrankungen nahmen aber im
Untersuchungszeitraum von 1991 bis 2010 in allen Untersuchungsorten kontinuierlich
ab. Seit 2000 liegen sie auf einem annähernd gleichbleibenden Niveau von rund
33 Prozent. 1991 waren es noch rund 56 Prozent. Es ist ein Zusammenhang
zwischen der Erkrankung des Kindes und dem Rauchen der Mutter während der
Schwangerschaft sowie dem Leben in einer Wohnung mit Feuchtigkeitsproblemen
erkennbar.
Bronchialasthma
Seit 1991 ist eine stetige Zunahme von
Bronchialasthma in allen Untersuchungsorten in allen sozialen Schichten zu
beobachten - häufiger bei Kindern mit extremer Adipositas und bei Kindern, die
als Frühgeburten (hier Einfluss des Rauchens während der Schwangerschaft) auf
die Welt kamen.
Ernährungszustand
Entgegen dem öffentlichen Eindruck kann nicht von
einem extrem hohen Anteil übergewichtiger Kinder im Land gesprochen werden. Insgesamt
lag der Anteil im Zeitraum der Einschulungsjahrgänge 1991 bis 2010 bei etwa
11,6 Prozent. Kontinuierlich zugenommen hat allerdings der Anteil sehr übergewichtiger
Vorschulkinder seit 1991 von 0,6 Prozent auf 3,3 Prozent. Kinder, die bereits
mit einem höheren Geburtsgewicht (mehr als 3.700 Gramm) auf die Welt gekommen
waren, die keine Geschwister hatten, die in einer Raucherwohnung lebten oder
deren Eltern über eine nur geringe Bildung verfügten, waren mehr von
Übergewicht betroffen. So waren einzuschulende Kinder mit niedrigem
Sozialstatus fast zweimal häufiger von Übergewicht (12,6 Prozent), fast dreimal
häufiger von Adipositas (7,1 Prozent) und fast fünfmal häufiger von extremer
Adipositas (2,4 Prozent) betroffen als Kinder mit hohem Sozialstatus
(Übergewicht: 7,1 Prozent, Adipositas: 2,6 Prozent, extreme Adipositas: 0,5
Prozent).
Zahngesundheit
Wie aus dem Kinder- und Jugendgesundheitsbericht
hervorgeht, wurde der bisherige Trend hinsichtlich einer kontinuierlichen
Verbesserung der Zahngesundheit von Kindern und Jugendlichen bestätigt. Das auf
Deutschland adaptierte WHO-Zahngesundheitsziel ¿Weniger als ein kariöser Zahn
bei 12-jährigen bis zum Jahr 2020¿ wurde in Sachsen-Anhalt mit dem Schuljahr
2008/2009 erreicht. Kinder im Alter von 1-5 Jahren hatten in Sachsen-Anhalt in
den Schuljahren 2007/2008 und 2008/2009 durchschnittlich zu 78 Prozent ein naturgesundes
Milchgebiss, 6-9-jährige Kinder hatten noch zu 32 Prozent ein naturgesundes Milchgebiss. Nach dem Gebisswechsel
hatten 11-18-jährige Schülerinnen und Schüler zu 45 Prozent ein naturgesundes Dauergebiss. Etwa 18 Prozent
der 3- bis 5-Jährigen, 15 Prozent der 6- bis 9-Jährigen und 4 Prozent der 10-
bis 12-Jährigen in Kitas und Schulen hatten ein erhöhtes Kariesrisiko. Der
Anteil des Kariesrisikos stieg im Alter von 5 bis 7 Jahren deutlich an und fiel
dann von 25 Prozent bei 7-Jährigen auf 10 Prozent bei 8-Jährigen und
verringerte sich weiterhin bis zum Alter von 10 Jahren.
Festgestellt wurde, dass die
Zahngesundheit eng an die Art der besuchten Schule gekoppelt war, mit einem
deutlichen Gefälle vom Gymnasium über die Sekundarschule zur Förderschule. Förder-
und Sekundarschüler/-innen nahmen Angebote der zahnärztlichen Versorgung
weniger häufig in Anspruch als Gymnasialschüler/-innen; Zahngesundheit in
Einrichtungen öffentlicher Trägerschaft war deutlich schlechter als in
Einrichtungen in freier Trägerschaft.
Impfstatus
Ein
zunehmender Anteil Kinder hat einen altersgerechten Impfstatus. 87,5 Prozent
der Kinder verfügten bei der Schuleingangsuntersuchung über eine vollständige
Grundimmunisierung (Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Poliomyelitis, Haemophilus
influenzae b, Hepatitis B und zweite Masern-, Mumps- und Röteln-Impfung). Der
Impfstatus der Durchimpfungen im Einzelnen ist höher. Nachholbedarf gibt es bei
den Auffrischimpfungen ab 5 bis 6 Jahren und zwischen 9 und 17 Jahren. So
verfügen nur 32,6 Prozent der Drittklässler über eine Auffrischimpfung gegen
Keuchhusten, bei den Sechstklässlern sind es 39,9 Prozent.
Entwicklungsrückstände
Ein Teil der untersuchten Vorschulkinder in
Sachsen-Anhalt wiesen Entwicklungsrückstände in verschiedenen Bereichen auf. Dazu
zählen Rückstände in der emotionalen und motorischen Entwicklung, aber auch
Sprachstörungen. Defizite der Sprache, die einen logopädischen bzw.
sprachtherapeutischen Handlungsbedarf erkennen lassen, wurden bei fast einem
Drittel der untersuchten Kinder festgestellt. Dabei ist zu beachten, dass
Kinder in Sachsen-Anhalt zum Zeitpunkt der Schuleingangsuntersuchung besonders
jung sind (4,9 Jahre). Jungen zeigten häufiger Sprachstörungen (36,3 Prozent)
als Mädchen (26,2 Prozent). Defizite waren bei Kindern mit niedrigem
Sozialstatus deutlich häufiger als bei Kindern mit hohem Sozialstatus. Die Betreuungsart des Kindes zum Zeitpunkt der
Schuleinganguntersuchung zeigt, dass Sprachstörungen bei Kindern, die
eine Kindertageseinrichtung besuchten, deutlich seltener waren als bei Kindern,
die keine Kindertageseinrichtung besucht haben.
Stillverhalten
Positiv hervorzuheben ist auch,
dass immer mehr junge Mütter ihr Baby stillen. Der Anteil der Kinder, die
mindestens 12 Wochen voll gestillt werden, stieg von 24,3 Prozent (1991) auf
47,3 Prozent (2010). Sie unterstützen damit nicht nur die gesunde körperliche
Entwicklung ihres Kindes, sondern fördern auch die für eine gesunde psychische
Entwicklung so entscheidende verlässliche Bindung zwischen Mutter und Kind.
Passivrauchen
Die
Gesundheit von Kindern wird auch durch den Lebensstil der Eltern beeinflusst.
Hier steht dem positiven Trend, dass immer weniger Kinder in der elterlichen
Wohnung Tabakrauch ausgesetzt sind (1991: 58 Prozent, 2010: 16 Prozent), eine
Zunahme des Anteils rauchender Mütter und vor allem rauchender Schwangerer
gegenüber. Gaben 1996 noch 5,5 Prozent der Mütter, deren Kinder eingeschult
wurden, an, während der Schwangerschaft geraucht zu haben, waren es 2010
bereits 17,9 Prozent. Insbesondere durch das Rauchen in der Schwangerschaft
verringern sich die Chancen für ein gesundes Aufwachsen von Kindern bereits im
Mutterleib. Laut Erhebung rauchten jüngere Mütter häufiger in der Wohnung als
ältere Mütter,
Kinder aus Familien mit
niedrigem Sozialstatus lebten häufiger in Raucherwohnungen als Kinder aus Familien
mit hohem Sozialstatus. So waren beispielsweise bei den letzten drei Einschulungsjahrgängen
35,5 Prozent der Kinder aus Familien, in denen kein Elternteil wenigstens einen
Schulabschluss der 10. Klasse erreicht hatte, dem Passivrauchen in den ersten
drei Lebensjahren ausgesetzt. Dem standen Kinder von Fach- oder
Hochschulabsolventen/-innen mit einem Anteil von 5,4 Prozent gegenüber.
Freizeitverhalten
Seit 2006 werden die Eltern auch zum Freizeitverhalten
ihrer Kinder befragt. Insgesamt treiben 30,3 Prozent der untersuchten Kinder
der Einschulungsjahrgänge 2007 bis 2010 regelmäßig Sport in einem Sportverein.
Der Anteil dieser Kinder stieg von 29 Prozent in 2007 auf 32,8 Prozent in 2010.
Etwa 23 Prozent nahmen an der musikalischen Früherziehung teil oder besuchten
eine Musikschule und fast 17 Prozent belegten einen Sprachkurs. Kinder aus
Familien mit hohem Sozialstatus besuchten signifikant häufiger einen
Sportverein (46,6 Prozent), eine Musikschule (38,7 Prozent) oder einen
Sprachkurs (24,3 Prozent) als Mädchen und Jungen aus Familien mit niedrigem
Sozialstatus (8,9 Prozent ¿ Sportverein, 6,2 Prozent ¿ Musikschule, 9,1 Prozent
¿ Sprachkurs).
Fernsehkonsum
Durchschnittlich
schauten Kinder 60 Minuten pro Tag Fernsehen. In Familien mit niedrigen
Sozialstatus war ein höherer Fernsehkonsum (73 Minuten täglich) gegenüber
Familien mit hohem Sozialstatus (43 Minuten) erkennbar. Im regionalen Vergleich
verbrachten Kinder aus den Städten Halle und Magdeburg weniger Zeit vor dem
Fernseher als Kinder aus den ländlichen Regionen der Altmark.
Kinderbetreuung
Der
Anteil der Kinder, die nie eine Kinderkrippe (Einschulungsjahrgang 2000: 6,9
Prozent - Einschulungsjahrgang 2010: 6,5
Prozent) oder einen Kindergarten (Einschulungsjahrgang 2000: 1,4 Prozent - Einschulungsjahrgang
2010: 0,5 Prozent) besuchten, ist weiter zurückgegangen.
Wohnumfeld
Die
Wohnsituation an einer verkehrsreichen Straße (weniger als 10 Meter Abstand) hat
sich von 1994 bis 2010 bei Familien mit mittlerem und hohem Sozialstatus
verbessert und lag bei 19 Prozent. Bei Familien mit niedrigem Sozialstatus
verschlechterte sich die Wohnsituation und lag bei 38 Prozent. Kinder aus
Familien mit hohem Sozialstatus (Erwerbstätigkeit entscheidend) waren durch die
Wohnlage geringer durch Kfz-Abgase betroffen.
Hintergrund:
Bei der Schulanfängerstudie
Sachsen-Anhalt handelt es sich um eine in dieser Form bundesweit einmalige
Langzeit-Datenreihe. Seit 1991 werden auf freiwilliger Basis im Rahmen der
Schuleingangsuntersuchungen anonymisiert Gesundheitsdaten von Kindern erhoben
und Eltern zum Lebensumfeld befragt. Mittlerweile stehen Daten von mehr als
33.000 Kindern zur Verfügung. Die aktuelle Studie umfasst die Einschulungsjahrgänge
2008 bis 2010. Es wurden 3.621 Kinder in Magdeburg, Halle, Merseburg,
Salzwedel, Gardelegen und Osterburg befragt.
Der Kinder- und
Jugendgesundheitsbericht enthält erstmals Daten der schulärztlichen und
zahnärztlichen Reihenuntersuchungen in den Gesundheitsämtern. Für das Schuljahr
2008/2009 standen aus den ärztlichen Untersuchungen Daten von etwa 15.000
Erstklässlern, 11.000 Drittklässlern und 10.000 Schülerinnen und Schülern der
6. Klasse zur Verfügung. Aus zahnärztlichen Untersuchungen lagen im
betreffenden Schuljahr Daten von 47.000 Kita-Kindern und 90.000 Schülerinnen
und Schülern vor.
Die Schulanfängerstudie und der
Kinder- und Jugendgesundheitsbericht werden unter Federführung des Landesamtes
für Verbraucherschutz in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern der
beteiligten Kreise und Städte gefertigt.
Die kompletten Berichte sind im Internet unter www.ms.sachsen-anhalt.de zu finden.
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