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Aktuelle Pressemitteilungen - Ministerium für Arbeit und Soziales
Sportministerin Dr. Kuppe:
"Wir haben die Chance, im Interesse des Sports gemeinsam gestärkt aus
dieser schwierigen Phase heraus zu gehen"
18.04.2008, Magdeburg – 44
- Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
Ministerium für Gesundheit und Soziales - - Pressemitteilung Nr.:
044/08
Ministerium für Gesundheit und Soziales -
Pressemitteilung Nr.: 044/08
Magdeburg, den 18. April 2008
Sportministerin Dr. Kuppe:
"Wir haben die Chance, im Interesse des Sports gemeinsam gestärkt aus
dieser schwierigen Phase heraus zu gehen"
Es gilt das gesprochene Wort!!!
¿Sehr geehrter Herr Präsident!
Sehr geehrte Damen und Herren
Abgeordnete!
Der Sport in Sachsen-Anhalt
durchlebt seine schwierigste Zeit. Fördergelder sind verschwendet worden, in
einem Netz von Gesellschaften versickert. Über personelle Verflechtungen wurde
über Jahre hinweg ein System der Intransparenz und Schattenwirtschaft aufgebaut
und perfektioniert.
Betroffen davon sind 368.000
Mitglieder in 3.200 Vereinen. Das sind diejenigen, die den Sport in
Sachen-Anhalt ausmachen und tragen. Diese vielen Aktiven sowie haupt- und
ehrenamtlichen Helfer und Helferinnen haben es nun wirklich nicht verdient,
dass der Sport in Sachsen-Anhalt in so vielen Negativ-Schlagzeilen auftaucht.
Nach der Veröffentlichung des
Landesrechnungshofberichts habe ich bei einer Reihe von Vereinen sowie bei
Kreis- und Stadtsportbünden
Fassungslosigkeit erlebt. Kaum einer der Engagierten hätte sich jemals
vorstellen können, welche Ausmaße von Misswirtschaft es im Landesportbund gegeben hat. Erst Recht nicht jene Eltern,
die ihre Kinder nahezu jedes Wochenende zu Wettkämpfen begleiten.
Die Sport-Basis fordert zu
einem überwiegenden Teil, dass es zu einem Neuanfang im Sport kommt. Das will
ich auch. Ich fühle mich durch die Sport-Basis bestärkt, dass wir zu klaren
Verhältnissen kommen müssen. Wir haben keine Alternative. Auch wenn es
schmerzt: Wir müssen aufräumen. Ein Aussitzen, ein Vertuschen oder Kleinreden
der Probleme hilft nicht weiter. Die Probleme würden nur noch größer werden.
Der Prüfbericht des
Landesrechnungshofs zum LSB und seinen Gesellschaften wurde auf den Tag genau
vor einem Monat, am 18. März, den Beteiligten vorgelegt. Ich bin dem
Landesrechnungshof außerordentlich und ganz ausdrücklich dankbar. Mit dem
Prüfbericht haben wir erstmals eine umfangreiche Darstellung aller
Verästelungen in den Gesellschaftsstrukturen des LSB.
Verdachtsmomente und
Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten gab es allerdings schon zuvor: Im
Frühsommer 2006 hat mein Haus ¿bohrende Fragen¿ zu finanziellen und personellen
Ungereimtheiten bei der Führung der Sportinternate durch den Sport-Dienstleister
gGFL gestellt ¿ Geschäftsführer seinerzeit war der Multi-Funktionär Bernd-Uwe
Hildebrandt - ebenso damals Geschäftsführer und Leiter des Olympiastützpunktes
Magdeburg und Manager des Magdeburger Handball-Bundesligisten.
Im Dezember 2006 ¿ kurz vor
Weihnachten - habe ich der LSB-Spitze auf einer Sitzung in Halle meine
Überlegungen zur Neustrukturierung des LSB und seiner Gesellschaften
vorgestellt: Maxime war: Klare und transparente Strukturen mit maximalem Effekt
für den Sport in Sachsen-Anhalt. Ich habe sehr eindringlich auch die
Notwendigkeit eines schnellen Handelns verdeutlicht und für eine rasche
Umsetzung unserer Vorstellungen geworben. Im Januar 2007 hat dann die
gemeinsame Projektarbeit von Ministerium und LSB zur Neustrukturierung begonnen.
Aber die Arbeit gestaltete sich
schwierig: Statt Antworten und konkreter Zukunftskonzepte gab es immer wieder
nur neue Fragen und Probleme. In dieser schwierigen und dennoch sehr wichtigen
Zeit musste ich leider auch feststellen, dass sich der LSB zunehmend aus der
gemeinsamen Arbeit verabschiedete.
Parallel tauchten neue Akten
auf, unter anderem die harte Patronatserklärung des LSB im Zusammenhang mit dem
Schanzenhaus in Wernigerode. Die Zahlungsfähigkeit und Gemeinnützigkeit des LSB
standen auf dem Spiel. Hier musste ich die Reißleine ziehen:
Ich habe das gesamte
LSB-Präsidium über den Sachverhalt informiert und unmissverständlich zum
Handeln aufgefordert. Der damalige LSB-Präsident Heinz Marciniak fühlte sich brüskiert
und empfand es als eine Frechheit, dass ich das Präsidium zum Handeln
aufgefordert habe.
Rückenstärkung empfand ich in
der Sondersitzung des Sozialausschusses vom 5. September, nachdem ich zuvor
bereits die sportpolitischen
Sprecher und Sprecherin der Landtagsfraktionen über die neuen Sachverhalte
informiert hatte. Der Ausschuss empfahl, den LRH um eine Tiefenprüfung des LSB
und seiner Gesellschaften zu bitten.
Damit hatten wir neben den
unterdessen angelaufenen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Bernd-Uwe
Hildebrandt und Gerd Henke einen zweiten Hebel, um Licht ins Dunkel zu bringen.
Ich empfand dies als hilfreich, wurde mir doch zuvor nicht selten unterstellt,
ich würde blind mit Dreck werfen, ohne einen Beweis in der Hand zu halten.
Der Landesrechnungshof kommt zu
der nüchternen und klaren Feststellung, dass der LSB seiner Verantwortung als
Zuwendungsempfänger nicht gerecht geworden ist, und dass es eine ordnungsgemäße
Geschäftsführung nicht gegeben hat.
Als Beispiele führt er an:
·
Übernahme von Risiken durch den LSB für seine
unmittelbaren und mittelbaren Tochtergesellschaften
·
Aufnahme von Krediten durch den LSB
·
Nicht transparente und nicht ordnungsgemäße
Darlehensvergabe
·
Fehlende vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem MS
·
Fehlende Beschreibung der Funktion und der Befugnisse
des Hauptgeschäftführers des LSB
·
Unzureichende Transparenz bei der Ausweisung der
Fördermittel des Landes an den LSB in den Dokumentationen des LS
Diese Sachverhalte zeigen, dass
eine ordnungsgemäße Geschäftsführung beim LSB in wichtigen Bereichen nicht
vorgelegen hat. Mein Vertrauen in die LSB-Führung und die Strukturen war
erschüttert. In dieser Situation musste ich handeln. Ein Weiter so konnte es
nicht geben. Ich sah mich gezwungen, dem LSB die Befugnis zur Erfüllung
hoheitlicher ¿ das heißt staatlicher ¿ Aufgaben zu entziehen. Mit Schreiben vom
31. März habe ich widerrufen, dass der LSB eine Befugnis zur hoheitlichen
Weitergabe von Landesmitteln an seine Vereine und Verbände besitzt.
Und dennoch wollte ich dem
Landessportbund eine Chance geben.
Die Gliederungen des Sports sollten die Gewissheit haben, dass sie
weiterarbeiten können.
Der alte Präsident Heinz
Marciniak war zurückgetreten, Gerd Henke von den Aufgaben als
Hauptgeschäftsführer entbunden. Ich schloss mit der Interims-Präsidentin Gudrun
Steinbach und dem Schatzmeister Robert Grünewald eine Prozessvereinbarung, die
den Weg ebnete zu einem Änderungsvertrag, den wir wiederum vor wenigen Tagen am
15. April schließen konnten.
Damit ist die Sportförderung in
Sachsen-Anhalt geordnet und gesichert. Die Vereine und Verbände bekommen ihr
Geld direkt vom Land, der LSB als Dachorganisation erhält institutionelle
Förderung. Damit ist die Chance für einen personellen und strukturellen
Neuanfang im LSB gegeben. Erste und entscheidende Etappe wird der außerordentlichen Landessporttages am 24.
Mai sein.
Der Landessportbund verpflichtet sich mit dem
Änderungsvertrag, die vom Landesrechnungshof im Prüfbericht von März
aufgeworfenen Mängel abzustellen. Das Ministerium sichert sich mit dem Änderungsvertrag
weit reichende Prüfrechte. Diese erstrecken sich nicht allein auf den LSB,
sondern auch auf Beteiligungen des LSB an anderen Gesellschaften. Das
Ministerium kann alle Bücher, Belege und sonstigen Geschäftsunterlagen prüfen
und ist dabei auch zu Vor-Ort-Kontrollen berechtigt.
Der Landesrechnungshof hat aber
auch Kritik an der Aufsichtspflicht des Ministeriums geübt. Ich sage hier vor
dem hohen Haus unmissverständlich: Dieser Kritik stelle ich mich. Ich stelle
mir auch ganz persönlich die Frage: Haben unsere Kontrollmechanismen in der
Landesverwaltung ausgereicht? Waren wir wachsam genug? Haben wir konkret und
hartnäckig genug nachgefragt? Haben wir mit dem mehrjährigen
Budgetierungsvertrag zu viel Freiraum gegeben? Ab wann hätte erkennbar sein müssen,
dass sich der Landessportbund
gewandelt hat?
Ich kann bereits jetzt sagen:
Es ist offenkundig, dass unsere Kontrolle nicht ausreichend war ¿ auch deshalb,
weil wir der Selbstorganisation des Sports vertraut haben. Jenen, die die
Autonomie des Sports über alles stellen, hätten wir eher sagen müssen: Stopp, ihr
arbeitet mit Landes- und damit Steuergeld. Der Steuerzahler und die
Steuerzahlerin haben einen Anspruch, dass der Staat genau kontrolliert, was mit
ihrem Steuergeld passiert ¿ auch gegen Widerstände des Zuwendungsempfängers.
Es muss aufgeklärt werden,
warum bestimmte Sachverhalte nicht mit dem nötigen Nachdruck verfolgt wurden
und welche Schwachstellen im Ministerium und im Landesverwaltungsamt zu der
gegenwärtigen Situation beigetragen haben. Ich habe eine Sondergruppe ¿Sport¿
zur internen Aufklärung eingesetzt. Sie wird genau prüfen, wie mit kritischen
Erkenntnissen umgegangen wurde und was von wem wann veranlasst wurde oder auch
nicht. Die Arbeitsgruppe hat ihre Arbeit aufgenommen. Erste Ergebnisse sollen
im Sommer vorliegen.
Ein Ergebnis dieser
Arbeitsgruppe soll auch ein Vorschlag sein, wie
die Verwaltungsstrukturen zur Fördermittelvergabe und
-kontrolle klarer und effektiver arbeiten können. Denn zu einer
Neuordnung der Sportförderung gehört auch, dass die Aufsicht und Kontrolle
nachvollziehbar agieren.
Und eines sage ich an dieser
Stelle ebenso unmissverständlich: Sollten die Ergebnisse der Sondergruppe
Anlass für personelle Konsequenzen geben, so werden diese personellen Konsequenzen
auch gezogen.
Mit dem Änderungsvertrag wird
ein Übergangszeitraum im Verhältnis Land ¿ LSB beschrieben. Ich habe das Ziel,
dass wir gemeinsam bis zum Herbst ein schlüssiges Konzept für die künftigen
Sportförderstrukturen und den Entwurf eines neuen ordentlichen Fördervertrages
vorlegen. Und dann wollen und müssen wir Sie, sehr geehrte Abgeordnete, davon
überzeugen, dass Sie als Souverän die bislang für 2009 gesperrten
Sportfördermittel frei geben.
Diese Punkte sind ja auch in
den Anträgen der LINKEN und der FDP-Fraktion enthalten.
Nach den Beschlüssen des LSB
von dieser Woche ist eine schonungslose Risikobewertung für den LSB
erforderlich. Risiken müssen minimiert, kanalisiert und kontrolliert werden.
Ein hartes Stück Arbeit liegt
vor uns. Viel wird davon abhängen, ob es dem LSB gelingt, sich mit seinen
Gremien und Strukturen schnell und nachvollziehbar im Interesse des Sports neu
aufzustellen. Nur wenn diese Erneuerung unumkehrbar gelingt, kann das Land
überhaupt darüber nachdenken, dem LSB eine staatliche Aufgabe wie die
Fördermittelvergabe in Millionen-Höhe wieder anzuvertrauen. Den Delegierten des
Landessporttages kommt dabei eine
große Verantwortung zu. Sie werden ja mit der Wahl neuer Gremien diese
personelle Weichenstellung vornehmen.
Ich möchte, dass der Sport
wieder die gesellschaftliche Anerkennung genießt, die ihm gebührt. Ich stand
und stehe als Partnerin des Sports bereit. Wir haben die Chance, im Interesse
des Sports gemeinsam gestärkt aus dieser schwierigen Phase heraus zu gehen.
Diese Chance darf nicht durch
Zaudern und Zögern vertan werden. Wir müssen diese Chance beherzt nutzen ¿ vor
allem im Interesse der 368.000 Mitglieder in 3200 Vereinen. Nicht Frust,
sondern Stolz auf das im Sport Erreichte soll sich wieder breit machen.
Dazu können auch die sachliche
Debatte im Landtag und die Diskussionen in den Ausschüssen maßgeblich
beitragen.
Danke.
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