Pressemitteilungen
Aktuelle Pressemitteilungen - Ministerium für Arbeit und Soziales
Rede Petra Grimm-Benne, Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration
Sperrfrist: 04. April 2019 ? Es gilt das gesprochene Wort
Landtagssitzung vom 04. bis 05. April 2019
TOP 10 ? Drs. 7/4100 ? GE zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung in Bereichen besonderen öffentlichen Bedarfs des Landes Sachsen-Anhalt
04.04.2019, Magdeburg – 25
- Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
Sehr geehrte/r Herr
Präsident / Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Damen
und Herren Abgeordnete!
Wie schaffen wir es, junge Ärzte von einer
Niederlassung auf dem Land zu begeistern? Wie schaffen wir es, dem Arztmangel,
der ja künftig aller Voraussicht nach stark zunehmen wird, zu begegnen und
Unterversorgung zu vermeiden?
In Sachsen-Anhalt werden da seit Jahren viele
Anstrengungen unternommen, um Nachwuchs für die Hausarzt-Praxen zu finden. Sie
kennen die Stichworte: Stipendienprogramm, Förderung praktischer Studienzeiten
in Landarztpraxen, die ?Allianz Allgemeinmedizin?, die ?Klasse Allgemeinmedizin?
an der Universität in Halle. Aber wir brauchen zusätzliche Wege!
Wir brauchen das Landarztgesetz, um bis zu 20 der
landesweit 400 Medizinstudienplätze in Magdeburg und Halle pro Jahr für
angehende Landärzte reservieren zu können. Auch das ist, das sage ich ganz
deutlich, kein Allheilmittel.
Aber es ist ein weiterer sinnvoller Baustein, um eine
gute wohnortnahe hausärztliche Versorgung dauerhaft sicherzustellen. Auch wenn
wir die Erfolge des Programms erst in vielen Jahren sehen werden ? wir müssen
diesen Schritt jetzt gehen.
Es geht darum, jungen Ärzten den Weg aufs
Land aufzuschließen. Wir brauchen nicht nur Mediziner, die Hausarzt-Praxen
übernehmen, auch im fachärztlichen Bereich ist die Suche nach Nachfolgern zum
Teil schwer. Aber mein Fokus bleibt heute bei der Allgemeinmedizin.
Wir haben viel
weniger junge Ärzte, die Weiterbildungen für Allgemeinmedizin absolvieren, als
wir brauchen, um altersbedingt ausscheidende Ärzte zu ersetzen. Und wir haben
zusätzlich die Entwicklung, dass vielen jungen Ärzten die ?Work-Life-Balance?
heute wichtig ist. Es ist die Tendenz zu erkennen, dass sich die
Berufseinstellung wandelt, dass ein geregelter, planbarer Arbeitstag als
wichtig angesehen wird.
Das Arztpraxen auf
dem Land zu verwaisen drohen ? dieses Problem betrifft nicht nur
Sachsen-Anhalt, sondern inzwischen alle Bundesländer. Nicht nur wir planen ja
vor diesem Hintergrund eine Landarztquote. NRW hat ein entsprechendes Gesetz
beschlossen, dort werden 170 Studienplätze reserviert. In Bayern ist ein Gesetz
geplant, in Rheinland-Pfalz laufen die parlamentarischen Beratungen.
Unsere
Kassenärztliche Vereinigung geht für Sachsen-Anhalt von 262 fehlenden
Arztsitzen von Allgemeinmedizinern im Jahre 2032 aus.
Gegenwärtig sind in
Sachsen-Anhalt 1.453 Hausärztinnen und Hausärzte tätig. Das sind 1.401 Versorgungsaufträge,
da nicht alle in Vollzeit arbeiten.
Der Gesetzentwurf
sieht vor, dass wir Bewerberinnen und Bewerbern einen Medizinstudienplatz an
einer der beiden medizinischen Fakultäten in Sachsen-Anhalt zuteilen, wenn sie
sich vertraglich verpflichten, nach Beendigung des Studiums für zehn Jahre eine
Tätigkeit als Fachärztin oder Facharzt für Allgemeinmedizin in einer Region in
Sachsen-Anhalt aufzunehmen, die unterversorgt sind, wo Unterversorgung droht
oder für die ein besonderer lokaler Versorgungsbedarf festgestellt worden ist.
Wird der Vertrag nicht eingehalten, drohen bis zu 250.000 Euro Vertragsstrafe.
Die Studienplätze
werden als Vorabquote aus den rund 400 Studienplätzen der beiden Universitäten
Halle und Magdeburg herausgenommen. Dieses Verfahren wird auch für den
Sanitätsoffiziersdienst der Bundeswehr so angewandt.
Die von den Ländern gegründete Stiftung für
Hochschulzulassung ist für die Vergabe von Studienplätzen insgesamt zuständig.
Sie kann aber die Auswahl der Bewerberinnen
und Bewerber nicht übernehmen, weder bei der Bundeswehr noch für unsere
Landarztquote. Das heißt, dass durch eine geeignete Stelle das Auswahlverfahren
durchgeführt werden und der Stiftung bis spätestens Ende Juli eines laufenden
Jahres eine Namensliste der erfolgreichen Bewerberinnen und Bewerber übergeben
werden muss. Die Stiftung erlässt dann die Zulassungsbescheide.
Die Bundeswehr macht dieses Auswahl-Verfahren
selbst. Für unsere Landarztquote wird diese Aufgabe die Kassenärztliche
Vereinigung Sachsen-Anhalt als Körperschaft des öffentlichen Rechts übernehmen:
Die Auswahl der Studierenden wird über die KV laufen. Das sieht der
Gesetzentwurf so vor.
Dazu eine Anmerkung:
Auf Anregung von Bayern, die ja selbst eine Landarztquote planen, war im
Entwurf zum Terminservice- und Versorgungsgesetz auf Bundesebene die
Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigungen beim Auswahlverfahren und den
danach folgenden administrativen Aufgaben vorgesehen worden. Diese Regelung hat
der Bundestag insofern gestrichen, so dass nur die Beteiligung an der
Begleitung der Umsetzung des Verfahrens verpflichtend für die KVen sein soll.
Das ist am 14. März 2019 durch den Bundestag beschlossen ? also nach unserer
zweiten Kabinettsbefassung.
In Sachsen-Anhalt
wird auch das Auswahlverfahren mit dem Gesetzentwurf auf die KV übertragen. Die
Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber bleibt eine freiwillige Aufgabe, die die
Kassenärztliche Vereinigung nach Zustimmung durch die Aufsicht übernehmen kann.
Diesen Weg gehen wir.
Soweit bei der
Diskussion um die Landarztquote kritisiert wird, man solle lieber andere,
kurzfristiger wirkende Maßnahmen umsetzen, möchte ich nochmals darauf
verweisen, dass die Verantwortlichen in Sachsen-Anhalt bereits ein Bündel von
Maßnahmen ergriffen haben. Und wäre das nicht so, hätten wir auch gar nicht in
den Grundrechtsbereich der Studierenden und der Universitäten eingreifen
dürfen.
Und schneller als zum
Wintersemester 2020/21 können wir nicht starten. Das hat zum einen
haushalterische Gründe. Zum anderen müssen erst die entsprechenden Strukturen
bei der Kassenärztlichen Vereinigung für die Auswahl und die Umsetzung der
administrativen Aufgaben geschaffen werden. Da wir mangels objektiver Kriterien
keine persönlichen Auswahlgespräche führen werden, muss der entsprechende
Studierfähigkeitstest um ein weiteres Modul für die Geeignetheit der
Bewerberinnen und Bewerber für das Berufsbild der Landärzte erweitert werden.
Auch das dauert seine
Zeit. Letztlich ist es auch nicht umsetzbar, zwischen den Abiturprüfungen und
der Vorlage der Namensliste bei der Stiftung für Hochschulzulassung zum 31.07.
eines jeden Jahres das Auswahlverfahren durchzuführen. Wenn sich das System
etabliert hat, können sich die Bewerberinnen und Bewerber darauf einstellen,
dass sie sich erst im Folgejahr nach den Abiturprüfungen auf die Landarztquote
bewerben können.
Ich kenne natürlich
auch die Forderung, die Zahl der Studienplätze insgesamt zu erhöhen. Aber ich
sage Ihnen: das befreit uns nicht von der Aufgabe, darüber nachzudenken, wie
man unter denen, die Medizin studieren, die Gruppe derjenigen vergrößert, die
für sich sagen: Ja, ich will als Allgemeinmediziner arbeiten, und zwar nicht in
Halle oder Magdeburg, sondern auf dem Land.
Zu einer weiteren
Frage: Warum wollen wir ?nur? fünf Prozent der Studienplätze reservieren, und
nicht zehn, wie es der ?Masterplan Medizinstudium 2020? vorsieht? Hierzu ist zu
sagen, dass nach dem Staatsvertrag 20 Prozent der Studienplätze für Vorabquoten
zur Verfügung stehen. Es gibt aber bereits andere Vorabquoten, z.B. für
Härtefälle, Zweitstudien besondere Hochschulzugangsberechtigungen. Danach
verbleiben rechnerisch 7,6 Prozent, mit einem ?Sicherheitsabschlag? haben wir
fünf Prozent festgelegt.
Den Sicherheitsabschlag
könnte man auch für eine Vorabquote für den öffentlichen Gesundheitsdienst
nutzen, bei dem sich ebenfalls eine ernste Versorgungssituation abzeichnet. Das
lasse ich gerade in meinem Haus prüfen.
Ich bedanke mich für
Ihre Aufmerksamkeit.
Impressum:Ministerium für Arbeit, Soziales und IntegrationPressestelleTurmschanzenstraße 2539114 MagdeburgTel: (0391) 567-4608Fax: (0391) 567-4622Mail: ms-presse@ms.sachsen-anhalt.de