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Aktuelle Pressemitteilungen - Ministerium für Arbeit und Soziales
Rede Petra Grimm-Benne, Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration - Ende des Billiglohnlandes....
31.08.2018, Magdeburg – 58
- Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
Sperrfrist: 31. August 2018 - Redebeginn
Landtagssitzung vom 30. bis 31. August 2018
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7 Aktuelle Debatte auf Antrag der SPD-Fraktion ? LT-Drs. 7/3280
Das
Ende des Billiglohnlandes: qualifizierte Arbeit stärken und gut bezahlen,
Einkommensgefälle abbauen.
ES GILT DAS GESPROCHENE WORT!!!
Anrede,
der Arbeitsmarkt in
Sachsen-Anhalt entwickelt sich positiv. Doch das Einkommensgefälle gerade zu
den westdeutschen Ländern nimmt nur langsam ab ? trotz steigendem
Fachkräftemangel.
Sachsen-Anhalts Beschäftigte
sind gut qualifiziert und schlecht bezahlt. Dass diese so einfache wie bittere Formel
die Realität in Sachsen-Anhalt trotz positiver Entwicklungen weiterhin ziemlich
treffend beschreibt, legen die Statistiken nahe. Der Anteil der qualifizierten
Beschäftigung hat weiter zugenommen. Laut IAB-Betriebspanel gibt es in zwei
Dritteln der Betriebe ausschließlich Arbeitsplätze mit einer beruflichen oder
akademischen Ausbildung, und für fünf von sechs Arbeitsplätzen in
Sachsen-Anhalt ist eine formale berufliche Qualifikation erforderlich. Das ist
im Bundesvergleich ein überdurchschnittlich hoher Anteil.
Anrede,
Wir sind kein Land der
Einfach- und Billigarbeitsplätze! Die Anforderungen sind im Gegenteil hoch.
Aber wird diese anspruchsvolle Arbeit auch gut genug bezahlt? Nein!
Natürlich ist es positiv,
dass die Durchschnittslöhne in Sachsen-Anhalt seit 2014 um fast zehn Prozent
gestiegen sind. Und ich kann mit Freude darauf verweisen, dass bei uns heute im
Vergleich der ostdeutschen Flächenländer im Schnitt die höchsten Löhne gezahlt
werden (wenn auch die Abstände gering sind.). Der relative Lohnzuwachs war
deutlich stärker als in Westdeutschland (knapp 6% plus seit 2014) ? auch dank
der Einführung des Mindestlohns.
Aber wir hatten eben auch
ein niedriges Ausgangsniveau und wir sehen vor allem, dass sich der Lohnabstand
zu Westdeutschland nur sehr langsam verringert. Selbst im ?ärmsten?
westdeutschen Bundesland Schleswig-Holstein ist der Medianbruttolohn um fast
500 ? höher als in Sachsen-Anhalt.
Was für mich besonders
problematisch ist: in Sachsen-Anhalt sind sehr niedrige Löhne sehr häufig. Laut
IAB-Betriebspanel werden in mehr als der Hälfte der Betriebe in Sachsen-Anhalt
durchschnittlich weniger als 2.000 ? brutto Monatsverdienst für eine
Vollzeitstelle gezahlt (Das entspricht etwa 11,60 ? Stundenlohn. Der
gesetzliche Mindestlohn liegt derzeit bei 8,84 ?).
Diese Lohnstruktur wird der
hochqualifizierten Arbeit, die geleistet wird, nicht gerecht. Das ist, meine
Damen und Herren, auch ein riesiges Problem für die Fachkräftesicherung. Wo
schlecht bezahlt wird, ist es schwer, qualifizierte Fachkräfte zu binden.
Wir brauchen eine bessere
Lohnentwicklung. Wir brauchen angemessene Tariflöhne, die durch die
Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften ausgehandelt werden. Und wir
brauchen vor allem mehr tarifgebundene Unternehmen. Nach wie vor sind in
Sachsen-Anhalt (wie in ganz Ostdeutschland) weniger als ein Viertel der
Unternehmen tarifgebunden und weniger als die Hälfte der Beschäftigten erhalten
tarifvertraglich vereinbarte Entgelte. Sich stärker in Arbeitgeberverbänden zu
organisieren und durch die Anwendung tariflicher Standards faire
Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, liegt auch im Eigeninteresse von
Unternehmen, die langfristig wettbewerbsfähig im Kampf um Fachkräfte bleiben
wollen.
Leider stelle ich hier bei
den Arbeitgebern immer noch eine eher abwartende Haltung fest. Doch das
Fachkräfteprobleme wird sich nicht von selbst auflösen! Daher haben wir uns
auch im Fachkräftesicherungspakt darauf verständigt, uns mit dem Thema
?Attraktive Arbeitsbedingungen bzw. Arbeitgeberattraktivität? intensiv
auseinander zu setzen und haben dazu eine Arbeitsgruppe unter Federführung der
Sozialpartner eingerichtet.
Lassen sie mich bei dieser
Gelegenheit auch noch kurz auf die aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung
mit dem Titel ?Mangel an Fachkräften oder Zahlungsbereitschaft? eingehen. In
dieser Studie stellt das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut
(WSI) die These auf, dass der Fachkräftemangel im Niedriglohnbereich (insb.
Leiharbeit, Gastgewerbe, Güterverkehr und Sicherheitsgewerbe) von einschlägigen
Studien der Wirtschaft systematisch überschätzt werde. Dass Stellen in diesen
Bereichen oft nur schwer besetzt werden können, liege nicht am Mangel von
Fachkräften, sondern an wenig attraktiven Arbeits- und Entlohnungsbedingungen.
Das Institut warnt weiter davor, dass der herbeigeredete Fachkräftemangel in
diesen Niedriglohnbereichen nicht dazu führen darf, Dumping-Konkurrenz zum
Beispiel durch niedrig qualifizierte Zuwanderer zuzulassen.
Dazu möchte ich klar sagen:
Ich teile die Auffassung, dass solche Dumping-Konkurrenz verhindert werden
muss. Daher treten wir ja gerade für mehr Tarifbindung und bessere
Lohnbedigungen ein. Und dafür habe ich gerade letzte Woche zusammen mit dem
DGB-Bundesvorsitzenden Reiner Hoffmann ein Projekt auf die Schiene gesetzt, das
den Auftrag hat, Arbeitsausbeutung und Dumping-Konkurrenz von migrantischen
Arbeitskräften in Sachsen-Anhalt aufzudecken und zu verhindern. Ich sage aber
auch klar, dass wir in manchen Bereichen, u.a. im Gesundheitswesen sehr wohl
wachsenden Fachkräftemangel haben (das wird auch von der Studie der
Hans-Böckler-Stiftung nicht in Frage gestellt). Diesen Bedarf werden wir
wahrscheinlich trotz aller Anstrengungen nicht allein aus dem hier vorhandenen
Arbeitskräfteangebot decken können. Ich denke daher, dass wir in diesen
Bereichen auch geordnete Zuwanderung von qualifizierten ausländischen
Fachkräften brauchen, um unsere Probleme zu lösen. Kurz gesagt: es geht hier
nicht um Abschottung (wie es die AfD suggeriert), sondern um Sicherstellung
fairer Arbeitsbedingungen für alle Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt in
Sachsen-Anhalt.
Meine Damen und Herren,
wir werden aber in manchen
Bereichen nicht umhinkommen, weitere Mindestbedingungen gesetzlich
festzuschreiben oder für allgemeinverbindlich zu erklären. Ich unterstütze das
bundespolitische Vorhaben zur Einführung einer gesetzlichen
Mindestausbildungsvergütung ausdrücklich und begrüße die Bemühungen von VerDi
und den Arbeitgebern im Pflegebereich zur Aushandlung eines
allgemeinverbindlichen Ausbildungstarifvertrags für die Pflege in
Sachsen-Anhalt.
Und wo können wir als Land,
als öffentlicher Auftrag- und Fördermittelgeber handeln, damit Gute Arbeit
ermöglicht wird? Wir gestalten die Arbeitsbedingungen und
Entlohnungsbedingungen als Kunde und als Fördermittelgeber schließlich
wesentlich mit.
Bei der Vergabe öffentlicher
Aufträge darf es nicht mehr passieren, dass Anbieter nur deshalb keinen
Zuschlag bekommen, weil sie tarifgerecht bezahlen und daher etwas höhere Preise
kalkulieren müssen. Das geltende Vergaberecht ist leider in dieser Hinsicht
nicht immer einfach zu handhaben. Ich bin daher froh, dass wir uns in unserem
Koalitionsvertrag darauf verständigt haben, dass wir das ?Landesvergaberecht
unter Einbeziehung der bisherigen Wirkungen des Gesetzes insbesondere auf öffentliche
Auftraggeber, Unternehmen und Arbeitnehmer weiterentwickeln wollen?. In meinem
eigenen Hause habe ich schon jetzt klare Anweisung gegeben, dass bei der
Vergabe z.B. von Reinigungsleistungen tarifliche Standards eingehalten werden.
Wir wollen gute Arbeit und
angemessene Entlohnung aber auch durch die Gestaltung unserer Förderbedingungen
ermöglichen. Hier sind wir schon gut vorangekommen. Zwei Beispiele: Wir haben
beim KiföG und bei der Gestaltung der Eingliederungshilfe darauf geachtet, dass
tarifliche Bezahlung der Beschäftigten möglich ist. Dies ist richtig und
wichtig, auch wenn es wachsende Ausgaben des Staates zur Folge hat.
Anrede,
die Debatte über Gute Arbeit
ist aber keine Debatte nur um den Lohn. Wenn wir qualifizierte Arbeit stärken wollen,
müssen wir in die weichen Faktoren ?guter Arbeit? investieren. Dazu gehören
Maßnahmen der gesundheitlichen Prävention und die Vereinbarkeit von Familie und
Beruf genauso wie Weiterbildung oder eine kluge Dienstplanung, was zum Beispiel
die Arbeit im Pflegebereich attraktiver machen kann. Für Unternehmen, die sich
hier entwickeln wollen, bieten wir Unterstützung an - im Rahmen der
Landesinitiative ?Fachkraft im Fokus? und der ESF-Förderrichtlinie
WEITERBILDUNG BETRIEB. Hier wollen wir noch stärker die Branchen ansprechen,
die besonders große Probleme bei der Fachkräftesicherung haben. Zwei große
Informationsveranstaltungen für die Pflegebranche sind in Vorbereitung.
Auch das gehört zu dem
Bündel, das helfen soll, qualifizierte, fair entlohnte Arbeit zu stärken und
damit Gute Arbeit in Sachsen-Anhat voran zu bringen.
Herzlichen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit.
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