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Pressemitteilungen

Aktuelle Pressemitteilungen - Ministerium für Arbeit und Soziales

Arbeitsminister Bischoff: Hartz-IV war notwendig und auch in vielerlei Hinsicht richtig
Rede in Aktueller Debatte des Landtages am 30. Januar 2015

30.01.2015, Magdeburg – 7

  • Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung

 

 

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Über zehn Jahre ist es nun her, dass die Kommission

um Peter Hartz im Auftrag der damaligen Bundesregierung ihre Vorschläge zu

Reformen in der Arbeitsförderung vorgelegt hat. Daraus entstanden bedeutende

Veränderungen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Und das

wiederum führte natürlich zu vielfältigen Betroffenheiten. Und weil das so ist,

gibt es logischer Weise auch vielfältige Bewertungen.

 

 

 

Ich finde es gut, wenn sich in der Debatte das

Verständnis einer sorgsamen sozialen Verantwortung äußert. Und keine Frage:

Jede Reform muss sich wechselnden Bedingungen und neuen Herausforderungen

stellen, bei Bedarf ist zu modifizieren und anzupassen.

 

 

 

Was die Reform nun vor zehn Jahren betrifft, war

der bekannteste und sicherlich auch folgenreichste Teil die letzte Stufe: Ab

2005 wurde die Arbeitslosenhilfe mit weiten Teilen der Sozialhilfe für

erwerbsfähige Personen zum sogenannten Arbeitslosengeld II zusammengelegt. In

den allgemeinen Sprachschatz eingegangen als ?Hartz IV?, hat dieser letzte Akt

die zuvor bereits wirksam gewordenen drei anderen Arbeitsmarktreformgesetze in

der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt. Dabei ist ein erheblicher Teil von

ihnen auch heute noch von Bedeutung:

 

 

 

Insbesondere der Umbau der ehemaligen Bundesanstalt

zu einer modernen Bundesagentur für Arbeit im Zuge von ?Hartz III? wirkt bis

heute nach. Ziel war es, hier nicht nur Deutschlands größter Behörde einen

neuen Namen und ein neues Logo zu geben. Vielmehr sollte die Arbeit deutlich

kundenorientierter und kosteneffizienter werden.

 

 

 

Die Frage steht: Konnten die Ziele der Hartz

IV?Reformen erreicht werden? Die Statistik sagt: Ja! Im Januar 2003 waren rund

285.000 Menschen in Sachsen-Anhalt arbeitslos. Dies entsprach einer

Arbeitslosenquote ? man mag es heute kaum noch glauben - von 21,5 Prozent. Nach

der Einführung von ?Hartz IV? stieg diese Quote auch noch an. Woran lag das?

Ganz einfach: Die große Zahl der erwerbslosen Menschen, die zuvor in der

Sozialhilfe ?versteckt? waren und demzufolge in keiner Statistik auftauchten,

wurden über das SGB II nunmehr ebenfalls ausgewiesen. Diese Menschen waren

zuvor vom Arbeitsmarkt faktisch abgehängt und erhielten jetzt eine neue, längst

überfällige Chance, wieder im Erwerbsleben Fuß zu fassen. Das möchte ich

positiv bewerten. Es war auch einfach ehrlicher.

 

 

 

Sicherlich hatte sich mit der Umsetzung des SGB II

das Transfereinkommen eines Teils ehemaliger Arbeitslosenhilfeempfangender

vermindert. Für alle übrigen potenziell An­spruchsberechtigten fielen die

Leistungen dagegen auf einen Schlag höher aus, waren transparenter und leichter

zugänglich. Billiger als das Vorläufersystem war ?Hartz IV? übrigens nicht - im

Gegenteil: Neben der passiven Absicherung wurde ein reichhaltiges

Instrumentarium zur Aktivierung und Integration der Arbeitsuchenden eingeführt.

Das kostet - und anders als vor Einführung des SGB II steht es nun auch noch

allen Hilfebedürftigen zur Verfügung. Das war und ist gerechter, weil es

Chancengleichheit für alle Leistungsberechtigten eröffnet. Es ist nach meinen

Verständnis eine Investition in die Menschen und für die Menschen, weil sie

angenommen, ihre Potentiale geweckt und gefördert werden. 

 

Und da haben wir schon den weiteren ganz wichtigen,

mit dieser Reform zusammenhängenden Aspekt: Die Ausrichtung der Grundsicherung auf

die Aktivierung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten für den regulären

Arbeitsmarkt, den Kritikern bewusst über den Slogan des Förderns und Forderns.

Es ist aber eben nicht nur ein Slogan, sondern das Widerspiegeln eines

übergeordneten Integrationsziels: Dahinter steckt die Einsicht, dass ge­sellschaftliche

Teilhabe am besten durch Teilhabe am Erwerbsleben zu erreichen ist.

 

 

 

Dass dies nicht abwegig ist und die damit

verbundenen Instrumente auch funktionieren, zeigt sich an der erwähnten

Entwicklung bei den Arbeitslosen und den Leistungsberechtigten nach dem SGB II.

So konnte in Sachsen-Anhalt die Zahl der ursprünglich 295.000 Arbeitslosen auf

inzwischen 119.000 um 60 Prozent verringert werden. Eine ähnliche, wenn auch

nicht ganz so ausgeprägte Tendenz ist bei der Hilfebedürftigkeit im SGB II zu

verzeichnen: Mit rund 400.000 Personen im März 2006, waren im September 2014

noch rund 270.000 Personen auf Leistungen aus der Grundsicherung angewiesen.

Dies bedeutet einen Rückgang um rd. 32 Prozent.

 

 

 

Damit könnte man eigentlich zufrieden sein ? doch

genau da sind wir bei einem Kernproblem der Hartz-Reformen angelangt: Warum ist

denn der Rückgang der Hilfebedürftigkeit deutlich geringer ausgeprägt als der

der Arbeitslosigkeit? Weil die sogenannte Flexibilisierung des Arbeitsmarkts

auch durch eine Ausweitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse erkauft worden

ist.

 

 

 

Trotz des heute geltenden Mindestlohns bleiben hier

insbesondere Negativauswüchse der Zeitarbeit, gewisse Probleme bei Minijobs und

anderem bestehen. Kritiker sprechen wegen des damit verbundenen Verlustes an

Erwerbssicherheit und Auskömmlichkeit von einem ?Teufelszeug?. Befürworter

loben hingegen neue Flexibilität mit Chancen für sonst womöglich Chancenlose.

Ich sage: Die Wahrheit dürfte irgendwo dazwischen liegen.

 

 

 

Der gesetzliche Mindestlohn bietet hier eine

gewisse Entlastung. Er kann deshalb auch als Antwort der Politik auf

Fehlentwicklungen des Hartz IV-Systems verstanden werden. Ab diesem Monat sind

in der Regel bei Vollzeitbeschäftigung und einer 40-Stunden-Woche mindestens

1.473 Euro (genau 1.473,34 Euro) zu zahlen. Und dabei handelt es sich nur um

den Mindestlohn. Es ist doch eine Selbstverständlichkeit, dass höhere

Lohngruppen dadurch ebenfalls nach oben hin angepasst werden. Damit wird sich

die Zahl derjenigen verringern, die trotz Arbeit und Erwerbseinkommen auf

zusätzliche ?Hartz IV?-Leistungen angewiesen sind.

 

 

 

Doch keine Frage: Prekäre Beschäftigung - und damit

meine ich nicht nur schlecht bezahlte Arbeit, sondern auch Befristungen und ungewollte

Teilzeitarbeit ? ist ein ernsthaftes Problem. Sie gefährdet die

Entwicklungspotenziale und die Zukunft unseres Landes. Denn, wenn den jungen

und gut ausgebildeten Menschen keine attraktiven Arbeits- und

Lebensperspektiven eröffnet werden können, verlassen sie auch weiterhin unser

Land. Hier besteht bei den Menschen ein immenser Wunsch nach Sicherheit, was

jüngste Umfragen wieder bestätigen. Versagt hier unsere Wirtschaft ?und nicht

ganz nebenbei auch der öffentliche Dienst -, so wird Sachsen-Anhalt im

zunehmenden Wettbewerb um Fachkräfte ins Hintertreffen geraten. Wenn sie mich

fragen: Eine Katastrophe für unser Land.

 

 

 

Doch zurück zu den Hartz-Reformen. In der

Gesamtbetrachtung komme ich zu dem Schluss: Sie waren dem Grunde nach notwendig

und auch in vielerlei Hinsicht richtig. Insgesamt konnten Arbeitslosigkeit und

Hilfebedürftigkeit deutlich gesenkt werden. Und es besteht auch in der freien

Wissenschaft überwiegend kein Zweifel, noch weniger bekanntlich bei unseren

europäischen Nachbarn, dass sich das System bewährt hat.

 

 

 

Unbestreitbar gibt es aber auch systemische

Schwachstellen, die behoben werden müssen. Notwendig sind dazu vor allem der

Abbau prekärer Beschäftigung und eine Erhöhung der Attraktivität der

Arbeitsplätze auf dem sachsen-anhaltischen Arbeitsmarkt. Die Menschen, die hier

leben, sollen auch in Zukunft hier leben wollen. Der Mindestlohn ist da nur ein

Anfang und er zeichnet ja nun auch nicht speziell unser Land aus. Durch die

veränderten Mehrheiten im Bundestag und Bundesrat sind noch andere in diesem

Zusammenhang wichtige Maßnahmen wahrscheinlich. Ich denke hier insbesondere an

die Bekämpfung der negativen Auswüchse der Leiharbeit, den Missbrauch durch

Werkverträge, die in Wahrheit keine sind und anderes, was ich schon habe

anklingen lassen.

 

 

 

Ich denke aber auch an die Verbesserung der

Rahmenbedingungen für die Förderung öffentlich geförderter Beschäftigung, die

es ermöglichen soll, passive Mittel für Lohnersatzleistungen in aktive Mittel

zur Finanzierung von zumindest befristeter Arbeit umzuwandeln. Hier gibt es

Signale in die richtige Richtung. Allen gemein ist die Intention,

Fehlentwicklungen zu überwinden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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