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Pressemitteilungen

Aktuelle Pressemitteilungen - Ministerium für Arbeit und Soziales

Rede Petra Grimm-Benne, Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration
Sperrfrist: 01. März 2019 ? Es gilt das gesprochene Wort
Landtagssitzung vom 28. Februar bis 01. März 2019
TOP 6 - Aktuelle Debatte Fraktion SPD ? Drs. 7/3987
Grundrente einführen Respekt für Lebensleistung und
Antrag der Fraktion DIE LINKE ? Drs. 7/3969 Armutsfeste Renten sichern ? Altersarmut bekämpfen!

01.03.2019, Magdeburg – 10

  • Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung

Sehr geehrte Frau

Präsidentin,

 

sehr geehrte Damen und

Herren Abgeordnete,

 

Worum

geht es? Es geht um Respekt für die Lebensleistung von Menschen, die ein Leben

lang gearbeitet haben und trotzdem nur eine ganz kleine Rente beziehen. Eine

Rente, die nicht zum Leben reicht.

 

Es

geht darum, ihnen eine Grundrente zu sichern, die den Namen auch verdient und

wirklich Altersarmut eindämmt.

 

?Die

Lebensleistung von Menschen, die Jahrzehnte lang gearbeitet, Kinder erzogen und

Angehörige gepflegt haben, soll honoriert und ihnen ein regelmäßiges

Alterseinkommen zehn Prozent oberhalb des Grundsicherungsbedarfs zugesichert

werden. Die Grundrente gilt für bestehende und zukünftige

Grundsicherungsbezieher, die 35 Jahre an Beitragszeiten oder Zeiten der

Kindererziehung bzw. Pflegezeiten aufweisen.? So steht es im Koalitionsvertrag

der Bundesregierung. Das ist ein Versprechen an die Rentnerinnen und Rentner,

das eingelöst werden muss!

 

Meine

Überzeugung kennen Sie: es muss ohne Bedürftigkeitsprüfung eingelöst werden!

Eine erhöhte Grundsicherung als Sozialleistung zu erhalten, ist kein

Äquivalent!

 

Da

müssen wir über den Koalitionsvertrag hinaus gehen, wie das ja auch an anderer

Stelle mehr erreicht wurde, als dort festgeschrieben war ? bei der

Konzertierten Aktion Pflege von Bundesgesundheitsminister Spahn zum Beispiel.

 

Meine

Damen und Herren,

 

Personen,

die jahrzehntelang in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben, die

gearbeitet und Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben, sollen am Ende

nicht auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen sein.

 

Es

darf nicht sein, dass sie Sorge haben müssen, dass sie ihr Häuschen verkaufen

müssen, bevor der Staat ihnen hilft.

 

In

der Rentenversicherung geht es ? das ist ein Kernbestandteil ? um Ansprüche,

die durch Leistung erworben wurden. Die Rentenversicherung kennt keine

Bedürftigkeitsprüfung! Das gilt übrigens so z.B. auch für die Mütterrenten, da

erfolgt keine Bedürftigkeitsprüfung, und für die Anhebung von geringfügigen

Beitragszeiten vor 1992, da erfolgte sie auch nicht.

 

Und,

eines noch: Dass es da viele gäbe, die zwar 35 Jahre zu Mini-Löhnen gearbeitet

haben eine Rentenaufstockung aber nicht nötig hätten, das glaube ich nicht.

Diejenigen, die einen sehr gut verdienenden Ehepartner haben, sind sicherlich

eine sehr kleine Minderheit.

Und sie würden im Übrigen steuerlich im Nachhinein höher belastet, sodass von

einem Gießkannenprinzip nicht die Rede sein kann. Und die Mini-Rentner mit

Mietshaus gibt es auch nicht zuhauf.

 

Meine

Damen und Herren,

 

Sie

alle wissen, so gut wie ich: die Debatte über gerechte Renten ist eine Debatte,

die hier in den neuen Ländern mit besonderer Eindringlichkeit geführt wird.

Eben weil es hier so viele Menschen mit sehr geringen Renten. Und weil die

Angst vor Altersarmut allgemein hoch ist.

 

Eine

Untersuchung des Hannoveraner Pestel-Instituts, das Daten der deutschen

Rentenversicherung ausgewertet hat, zeigt: In Sachsen-Anhalt erhalten derzeit

99.000 Frauen und 40.000 Männer bei mindestens 35 Beitragsjahren eine Rente von

weniger als 896 Euro erhalten. Das sind die Menschen, um die es geht! Männer

und Frauen, die nach einem harten Berufsleben sehr, sehr kleine Renten

bekommen.

 

Wenn

sich dann jemand traut, sich ins Portemonnaie schauen zu lassen, dann wird das

plastisch. Susanne Holtkotte ? den Namen habe ich mir gemerkt. Die

Reinigungskraft aus Bochum war kürzlich bei Plaßberg zu Gast. Sie erhielte nach

jetzigem Stand eine Rente von 715 Euro. Mit Grundrente, so wie

Bundessozialminister Heil sie vorschlägt, wären es 1.002 Euro. Das ist immer

noch schmales Geld. Aber es sind nahezu 300 Euro mehr.

 

Es

ist kein Wunder, dass insbesondere in den neuen Ländern die Forderung nach

einer Grundrente laut ist, aus der CDU in Thüringen zum Beispiel. Aber auch

mein Kollege Laumann aus Nordrhein-Westfalen z.B. treibt das Thema voran. 

 

Meine

Damen und Herren,

 

ich

wiederhole mich da gerne: Die Rente ist das Spiegelbild der Lebensleistung.

Insbesondere in den neuen Bundesländern, wo die Altersvorsorge noch zu über 95

% von den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung getragen wird und

Betriebsrenten sowie private Altersvorsorge erst für die jüngeren Generationen

zum Tragen kommen, ist eine auskömmliche Rente zwingend erforderlich, um nicht

der Gefahr von Altersarmut und Ausgrenzung ausgesetzt zu werden. Drei Säulen in

der Altersvorsorge? Die konnten viele hier einfach in den Nachwende-Jahren

nicht aufbauen!

 

Einer

Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IWE) zeigt: Rentnerinnen und

Rentner im Osten würden deutlich mehr von der geplanten Grundrente profitieren.

Während bei den Frauen im Westen nur ein Drittel mit Minirentenansprüchen einen

Anspruch auf Grundrente hätte, würden im Osten fünf von sechs aus dieser Gruppe

profitieren. Bei den westdeutschen Männern hätte jeder zweite Rentner die

notwendige Mindestbeitragszeit; in Ostdeutschland wären es fast alle ? 10 von

11.

 

Sicherlich

kann man sich streiten ? und das passiert ja auch in der aktuellen politischen

Debatte ? welche Rentenhöhe nötig ist, um Altersarmut zu verhindern. Und sicher

kann man auch streiten, wie das Ziel Grundrente genau am besten umgesetzt wird.

Wir müssen uns dabei vor allem von einer Frage leiten lassen: Was können wir

für die Rentnerinnen und Rentner tun, die nach einem Berufsleben mit

Niedriglöhnen jetzt eine Minirente bekommen?

 

Bereits

der Sachverständigenrat hat in seinen Stellungnahmen zum

Rentenversicherungsbericht 2016 und 2017 deutlich gemacht, dass es keinen

Königsweg für die Grundrente gibt, sondern dass es letztendlich eine politische

Entscheidung ist, wie Altersarmut in der gesetzlichen Rentenversicherung

verhindern werden soll.

 

In

einem Bund-Länder-Sozialpartner-Dialog des Bundessozial-ministeriums zur

Grundrente wurden verschiedene Modelle ? zum Teil auch mit weiteren Varianten ?

dazu diskutiert, wie die Vorgaben des Koalitionsvertrages umgesetzt werden

können.

 

Das

ist der Hintergrund, vor dem Bundesminister Hubertus Heil seinen Vorschlag

einer ?Respektrente? vorgelegt hat. Einen guten Vorschlag. Sie soll denen, die

fast ihr gesamtes Erwerbsleben Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung

geleistet haben, ein Renteneinkommen deutlich über dem Grundsicherungsniveau

sichern.

 

Von

großer Bedeutung bei der Ausgestaltung der Regelungen zur Grundrente wird es

sein, wie Zeiten der Arbeitslosigkeit bei der Erfüllung des 35-Jahre-Zeitraumes

zu berücksichtigen sind, da zu erwarten ist, dass durch längere Zeiten der

Arbeitslosigkeit auch in Sachsen-Anhalt viele zukünftige Rentnerinnen und

Rentner das Erfordernis der 35 Jahre mit Beitragszeiten nicht mehr erfüllen

werden. Hier liegt unser Fokus im bevorstehenden Gesetzgebungsverfahren. Und

wir werden diskutieren müssen, dass die Grenze ?35 Jahre? nicht starr sein

darf, sondern dass es sozusagen weiche Übergänge geben muss, damit es nicht zu

großen Ungerechtigkeiten kommt.

 

Meine

Damen und Herren,

 

Der

vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE fordert im Gegensatz dazu eine

Mindestrente. Das zielt in die völlig andere Richtung. Eine Mindestrente von

1050 Euro für jeden. Derjenige, der langjährig, aber aufgrund seines niedrigen

Einkommens nur geringfügige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung

abgeführt hat, soll genauso viel erhalten, wie jemand, der ? aus welchen

Gründen auch immer ? nicht eingezahlt hat. Ich frage mich ehrlich: wo bleibt

hier der Respekt vor den langjährig Versicherten? Der bleibt auf der Strecke.

 

Wenn Menschen, die ihr Leben

lang gearbeitet haben, im Alter nicht mehr Rente erhalten als diejenigen, die

keine Altersvorsorge betreiben haben, verliert das Rentensystem an Akzeptanz.

 

Außerdem

wird das Thema ?Mütterrente? aufgerufen. Durch das RV-Leistungsverbesserungs-

und Stabilisierungsgesetz vom 28.11.2018 wurde mit Wirkung vom 01.01.2019 die

Anrechnung von Kindererziehungszeiten von 24 auf 30 Kalendermonate angehoben.

Diese Gesetzesänderung wird allgemein als Mütterrente 2 bezeichnet. In der Tat:

Hier gibt es immer noch eine Gerechtigkeitslücke.

 

Der

Sozialausschuss des Landtages hat im September den Beschluss des Landtages

(LT-Drs. 6/4774) zur Berichterstattung zur Rentenangleichung Ost/West für

erledigt erklärt. Hiervon unabhängig 

setzt sich die Landesregierung auch weiterhin dafür ein, dass die

Rentenangleichung schneller als geplant vollzogen wird.

 

Und

damit zum dritten Punkt des Antrags. Die Landesregierung soll sich dafür einsetzen,

dass doppelte Krankenkassenbeiträge auf Betriebsrenten und Direktversicherungen

abzuschaffen sind. Diese Forderung ist obsolet, denn die Debatte läuft längst. Mitte

Januar hat die Bundesregierung den Referentenentwurf eines Gesetzes zur

Beitragsentlastung der Betriebsrentner/innen in der GKV vorgelegt. Die

Krankenversicherungsbeiträge aus Betriebsrenten und Versorgungsbezügen sollen

ab 2020 halbiert werden. Das laufende bundesparlamentarische Verfahren kann

dann genutzt werden, um Länderinteressen geltend zu diesem Gesetzentwurf

geltend zu machen.

 

Ich

danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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