Aktuelle Pressemitteilungen - Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
Rede Petra Grimm-Benne, Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration
Landtagssitzung vom 26. bis 27. Oktober 2017
TOP 9 zur LT-Drs. 7/1991 ?GE Änderung des Kinderförderungsgesetzes?
26.10.2017, Magdeburg – 103
- Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
ES GILT DAS
GESPROCHENE WORT!
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren Abgeordnete,
mit dem vorliegenden Gesetzentwurf legt die
Landesregierung den ersten Teil der Novelle des Kinderförderungsgesetzes dem
Parlament vor; die inhaltliche Überarbeitung wird entsprechend folgen.
Worum geht es in diesem ersten Schritt?Es geht darum, gesetzliche Verpflichtungen
umzusetzen ? und das in mehrfacher Hinsicht:
Punkt eins:Wir heben
die Landespauschalen an.Generell gilt, dass für die Berechnung der Höhe der
Pauschalen der Betreuungsumfang und die Tarifentwicklung entscheidend sind. Der
dahinter liegende Berechnungsmodus ist dabei seit der Novelle 2013 unverändert.
Der Betreuungsumfang ist deutlich gestiegen, und
die Gehälter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steigen auch. Das vollziehen
wir nach.
Anrede,
§ 12 Abs. 4 KiFöG sagt den Kommunen zu, bei der
Anpassung der Landespauschalen eben auch die Entwicklung der Betreuungsumfänge
einzuberechnen. Und hier haben wir einen deutlichen Anstieg - auf 8,4 Stunden
in der Krippe und 8,7 Stunden im Kindergarten. Acht Stunden wurden bisher
finanziert. Also gibt es erheblichen Nachbesserungsbedarf.
Insgesamt sollen mit dem Gesetzentwurf zusätzliche
30,6 Millionen Euro an Landesgeld über die Landkreise an die Kommunen fließen.
Darin enthalten sind 29,5 Millionen Euro für die Anpassung an die tatsächlichen
Betreuungszeiten sowie die an die Tarifentwicklung.
Wir lösen
damit ein, was das Gesetz zusagt.
Das gilt
auch für Punkt zwei: unser KiFöG
entlastet Mehrkind-Familien. Wer mehr als ein Kind in Krippe und Kita hat,
zahlt seit dem 1. Januar 2014 nur für ein Kind den vollen Elternbeitrag, für
das zweite Kind 60 Prozent, und ab dem dritten Kind gilt Beitragsfreiheit.Was dadurch bei den Gemeinden an Minus entsteht,
gleicht das Land aus.Wenn mehr Familien von der Regelung profitieren,
steigt diese Summe. Und in der Tat haben wir mehr Geschwisterkinder in den
Kitas als zunächst erwartet.
Konkret heißt das: wir planen jetzt insgesamt 12,7
Millionen Euro für die Mehrkindregelung ein, gut eineinhalb Millionen Euro
mehr, als zunächst für 2018 veranschlagt.
Anrede,
Anpassung der Pauschalen an erhöhte
Betreuungsumfänge und Tarifsteigerungen, Unterstützung für Mehrkind-Familien:
Insgesamt sollen damit, wie bereits gesagt, 30,6 Millionen Euro zusätzliches Landesgeld an die Städte und Gemeinden
fließen. Die Landkreise stocken die Summe noch einmal auf, weil sie die
Tarifsteigerungen mitfinanzieren. Das entlastet die Gemeinden und, meine Damen
und Herren, es hilft, die Kita-Beiträge für die Eltern stabil zu halten.
Anrede,
das ist ganz konkrete Unterstützung für die Städte
und Gemeinden. Lassen Sie mich kurz ein paar Beispiele herausgreifen:
Gegenüber dem bisherigen Haushaltsansatz für 2018
ist das für Halle und für Magdeburg ein Plus von jeweils etwa 4 Millionen,
für das Jerichower Land von 1,5 Millionen Euro, knapp 1,9 Millionen sind es im
Landkreis Stendal?
Die Novelle
bringt mehr Geld für die Kommunen, das ist eine gute Nachricht. Aber, auch das
lassen Sie mich noch einmal betonen: Hier geht es nicht um ein ?Extra?, das
Land kommt schlicht und einfach seinen rechtlichen Verpflichtungen nach.
Anrede,
Punkt drei, und der ist mir wirklich wichtig: Wir setzen mit
dem Gesetzentwurf die Vorgaben des Landesverfassungsgerichtes im Hinblick auf
die Finanzierungsbeteiligung von Gemeinden um. Und wir wollen sie selbstverständlich
fristgerecht umsetzen. Das Landesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber, das
wissen Sie, aufgegeben, bis Ende 2017 hier Veränderungen vorzunehmen.
Vor ziemlich genau zwei Jahren, Ende Oktober 2015,
hat das Gericht § 12b des Gesetzes für unvereinbar mit Art. 87 Abs. 3 der
Verfassung des Landes Sachsen-Anhalts erklärt.
Warum? Weil im Gesetz bisher festgeschrieben ist,
dass Land, Landkreise, Gemeinden und die Eltern die Finanzierung gemeinsam
schultern. Die Landespauschale wird von den Landkreisen aufgestockt, Gemeinden
und Eltern teilen sich den Rest ? wobei die Gemeinden mindestens 50 Prozent zu
tragen haben. Diese 50-Prozent-Regelung ist erfolgreich vor dem
Verfassungsgericht angegriffen worden. Folglich nehmen wir sie heraus.
Aber das heißt nicht, dass wir die Eltern im Regen
stehen lassen. Ich kenne die Sorgen der Eltern, dass damit ein Deckel fehlt,
der die Elternbeiträge begrenzt. Die Elternvertretung in Magdeburg hat das
heute noch einmal geäußert.
Ich kann die Sorgen der Eltern verstehen. Und
gerade weil das so ist, weil auch wir gesehen haben, dass es ohne Sicherung
nicht geht, nimmt der Gesetzentwurf Bezug auf § 90 SGB VIII. Das ist ein
wichtiger Paragraph, was die Sozialverträglichkeit angeht. Er legt nicht nur
fest, dass die Landkreise die Elternbeiträge übernehmen, wenn die Eltern sie
nicht schultern können.Er legt auch fest, dass Kostenbeiträge zu staffeln
sind. Als mögliche Kriterien werden das Einkommen, die Zahl der
kindergeldberechtigten Kinder und die Betreuungszeit dezidiert angeführt.
Anrede,
die Städte und Gemeinden bemühen sich, die Beiträge
sozialverträglich zu halten. Gucken Sie in die Ergebnisse der Evaluierung: die
zeigen eindeutig, dass viele Kommunen deutlich mehr in die Kinderbetreuung
investieren als sie müssten. Und dass die Elternbeiträge eben in den
vergangenen Jahren eben nicht landauf, landab explodiert sind. In deutlich mehr
als der Hälfte der Kitas kostet eine 10-stündige Krippenbetreuung die Eltern
weniger als 200 Euro. Bei 8-stündiger Krippenbetreuung liegen sogar mehr als 80
Prozent aller Satzungen unter der Grenze der Kindergeld-Höhe.
Anrede,
ich weiß natürlich, dass vor dem
Landesverfassungsgericht auch die Themen ?Bildung Elementar? und
?Qualitätsmanagementsysteme? eine Rolle gespielt haben.
Das Urteil wird mit vorliegendem Gesetzentwurf
umgesetzt. Der zur Verfassungswidrigkeit führende Sachverhalt besteht durch die
Streichung der sog. 50%-Regel in Verbindung mit der
Refinanzierungsmöglichkeit über § 13 KiFöG grundsätzlich nicht mehr.
Die Evaluierung des KiFöG hat darüber hinaus
ergeben, dass mit dem Wegfall des Eigenanteils der freien Träger, des
pflichtigen Programms ?Bildung Elementar? und der Einführung eines
Qualitätsmanagementsystems tatsächlich keine bzw. zu vernachlässigende Mehrkosten
für die Träger verbunden gewesen sind. Im Einzelnen zeigt dies die Evaluierung
durch Vergleich des Zustandes vor bzw. nach der KiFöG Novellierung 2013 auf.
ALLEN Trägern stand es im Übrigen frei, derartige
Kosten ? wenn sie denn entstanden sind ? im Rahmen der Evaluierung anzugeben.
Anrede,
Ob wir die
Finanzierungsregelungen ganz grundsätzlich anfassen ? das, meine Damen und
Herren Abgeordnete, wird eines der Themen der ?großen Novelle? sein. Die werden
wir angehen, wenn wir auch wissen, wie sich das Bundesverfassungsgericht zu
Zuständigkeitsfragen positioniert. Die Urteilsverkündung ist für den 21.
November 2017 vorgesehen.
Jetzt geht es erst einmal darum, das
Kinderförderungsgesetz finanziell solide auszustatten. Wir haben Verbesserungen
für Kommunen, für Erzieherinnen und Erzieher und für Eltern versprochen. Den
Kommunen und auch mittelbar den Eltern helfen wir mit diesem ersten Schritt.
Das ist gut angelegtes Geld.
Frühkindliche Bildung ist ganz entscheidend für die
Startchancen ins Leben. Frühkindliche Bildung leistet einen wichtigen Beitrag,
um soziale Ausgrenzung zu verhindern und die verbessert die Zukunftschancen von
Kindern. Bildung ist ein wichtiger Schlüssel gegen Armut.
Anrede,
die Bertelsmann-Stiftung hat uns erst in dieser
Woche wieder vor Augen geführt, wie sehr Armut Kinder ausgrenzt.Wer Kinderarmut bekämpfen will, muss Familienarmut
bekämpfen. Aber er muss auch dafür sorgen, dass es gute und gerechte
Bildungschancen gibt. Diese Novelle leistet dazu einen Beitrag.
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