Aktuelle Pressemitteilungen - Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
Gesundheitsministerin Dr.
Gerlinde Kuppe: Ich stehe für einen konsequenten, schnörkellosen und
praktikablen Nichtraucherschutz / Rede im Landtag zur Änderung des
Nichtraucherschutzgesetzes
20.03.2009, Magdeburg – 34
- Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
Ministerium für Gesundheit und Soziales - - Pressemitteilung Nr.:
034/09
Ministerium für Gesundheit und Soziales -
Pressemitteilung Nr.: 034/09
Magdeburg, den 20. März 2009
Gesundheitsministerin Dr.
Gerlinde Kuppe: Ich stehe für einen konsequenten, schnörkellosen und
praktikablen Nichtraucherschutz / Rede im Landtag zur Änderung des
Nichtraucherschutzgesetzes
Das
Nichtraucherschutzgesetz Sachsen-Anhalt ist am 1. Januar 2008 in Kraft
getreten. Am 22. Oktober 2008 hat das Landesverfassungsgericht in zwei Punkten
Änderungen für den Gaststätten- und Diskothekenbereich geltend gemacht, die
auch umgehend vollzogen wurden. Zugleich erging an den Gesetzgeber der Auftrag,
diese beiden aus verfassungsrechtlichen Erwägungen heraus vorgenommenen
Änderungen bis Ende 2009 in das Nichtraucherschutzgesetz einzuarbeiten.
Nunmehr
liegt uns der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Nichtraucherschutzgesetzes, eingebracht durch die Koalitionsfraktionen CDU und
SPD, vor.
Sie
wissen, ich stehe für einen konsequenten, schnörkellosen und praktikablen
Nichtraucherschutz. Deshalb war es mein
Wunsch und Vorschlag, das Verfassungsgerichtsurteil rechtlich nachzuvollziehen.
Denn
eines ist sicherlich übergreifender Konsens auch hier im Haus: Die
Verfassungsrichter haben nicht den Nichtraucherschutz in Frage gestellt. Sie
haben vielmehr zwei verfassungsrechtliche Fehler analysiert, die darin
begründet waren, dass die Ausnahmeregelung für Gaststätten Freiraum für
Unklarheiten und vor allem für wettbewerbsverzerrende Ungerechtigkeiten
eröffnet hat. Diese sollten beseitigt
werden.
Die
Verfassungsrichter haben insoweit für nötige Klarheit gesorgt. Ich sehe die
Grundkoordinaten unseres Nichtraucherschutzgesetzes bestätigt. Nichtraucherinnen und Nichtraucher
haben ein Recht auf gesundheitliche Unversehrtheit. Dem haben Raucherinnen und
Raucher Rechnung zu tragen, indem sie überall dort, wo nicht rauchende Menschen
beeinträchtigt werden können, nicht freiweg zur Zigarette greifen dürfen. Und
zweitens sind Kinder und Jugendliche im besonderen Maße vor den Folgen des
Passivrauchens zu schützen.
Das
Landesverfassungsgericht hat also geradezu einen roten Teppich ausgerollt für
einen gut geregelten konsequenten Nichtraucherschutz in Sachsen-Anhalt.
Damit
komme ich zum vorliegenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen. Hier werden
zum einen die vom Landesverfassungsgericht
kritisierten beiden Punkte neu geregelt.
Darüber hinaus folgen noch weitere Öffnungen.
Es soll
künftig möglich sein, dass in Gebäuden der öffentlichen Verwaltung des Landes
Raucherräume eingerichtet werden. Einrichtungen der Erziehungshilfe, Kinder-
und Jugendfreizeit sowie der Kinder- und Jugendbildung in öffentlicher oder
freier Trägerschaft sowie Berufsschulen soll das Rauchen auf dem Freigelände
gestattet werden.
Ich betone, diese Regelungen
sind nicht Konsequenz aus dem Landesverfassungsgerichtsurteil. Dem besonderen
Interesse des Kinder- und Jugendschutzes und des Gesundheitsschutzes werden diese Regelungen nicht gerecht.
Die Neufassung der
Ausnahmeregelung für Heimbewohnerinnen und -bewohner in ihren privat genutzten
Zimmern unterstützt noch einmal die bereits in Paragraf 4 Satz 1 Nummer 1
vorgesehene Ausnahmeregelung vom Rauchverbot. Aber ich sage ebenso deutlich,
auch nach dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Gesetz war dies
Rechtslage. Unbeschadet dessen können
nach wie vor über zweiseitige privatrechtliche Verträge Einschränkungen
vereinbart werden.
In diesen Fällen eröffnet der
Paragraf 5 Handlungsoptionen. Landesweit haben 57 Heime davon Gebrauch gemacht.
Lediglich in einem Fall hat die Heimaufsicht einen ablehnenden Bescheid
versenden müssen, da eine Ausnahmeregelung für das Personal und nicht für
Bewohnerinnen und Bewohner erwirkt werden sollte.
Zusammenfassend kann ich
bilanzieren: In der Landesverwaltung wie in Einrichtungen der Kinder- und
Jugendhilfe, in Schulen und Altenpflegeheimen als auch in den Krankenhäusern
des Landes ist das aktuelle Nichtraucherschutzgesetz gut anwendbar. Dass es
auch zu Diskussionen ¿ etwa an Berufsschulen und im Übrigen auch in Gymnasien -
kommen würde, war vielen klar. Hier gilt, dass ein Gesetz allein noch keine
Verhaltensmuster ändert. Kinder und Jugendliche wollen Dinge erklärt bekommen,
sie haben auch ein Recht darauf. Hier ist das Gespräch, hier sind
Gesundheitsprävention und Gesundheitsförderung erforderlich. Die
Landesvereinigung für Gesundheit und die Landesstelle für Suchtfragen wie auch
andere unterbreiten im Rahmen des Gesundheitszieleprozesses des Landes gute
Angebote.
Zur Umsetzung des Urteils des
Landesverfassungsgerichtes im Gaststätten- und Diskothekenbereich sehe ich an
drei Stellen noch Diskussionsbedarf bei der Feinjustierung, damit wir nicht
unbeabsichtigt wiederum die Weichen in Richtung Verfassungsbeschwerde stellen
könnten. Zum einen meine ich, dass uns das Landesverfassungsgericht mit einer
neu eingeführten Begrifflichkeit das Leben schwer macht. Darüber hinaus sind im
Gesetzentwurf Formulierungen aus dem Bundesverfassungsgerichtsurteil übernommen
worden, die von unserem Landesverfassungsgericht so nicht benutzt worden sind.
Worum geht es?
Erstens. Ich sehe eine gewisse
Gefahr für weitere Klagen wegen Ungleichbehandlung, wenn wir es dabei belassen,
dass in Mehrraumgaststätten ein Raucherraum eingerichtet werden darf, der auch
von unter 18-jährigen betreten werden darf. Hingegen sollen laut Gesetzentwurf
und Verfassungsgerichtsentscheidungen Raucher-Einraumgaststätten und
Diskotheken mit Raucherräumen generell nur von Erwachsenen ab 18 Jahren besucht
werden dürfen. Wenn wir wirklich rechtlich einwandfrei sein wollen, dann
dürften unter 18-jährige auch den Raucherbereich von Mehrraumgaststätten nicht
aufsuchen.
Zweitens. Ich erahne kuriose
Folgen, wenn die Flächenbemessung von ¿weniger als 75 Quadratmeter¿ für
Einraumgaststätten an einer so genannten
Gastfläche festgemacht würde, von der allerdings das Landesverfassungsgericht
selbst spricht. Aber: Das Gaststättengesetz kennt eine solche Gastfläche nicht.
Nach Paragraf 3 Absatz 1 Gaststättengesetz gibt es zur Definition der Raumgröße
allein einen klar ausgewiesenen Gastraum. Dieser Gastraum ist Grundlage für die
Gaststättenerlaubnis. Er umfasst den gesamten Gastraum einschließlich Theke.
Wenn wir auf eine neue nicht definierte Formulierung wie ¿Gastfläche¿
umsteuern, sehe ich ein hohes Maß an neuen Streitigkeiten am Horizont. Die
Ordnungsbehörden vor Ort bekämen vermutlich viel zu tun.
Drittens. Zur Definition jener
Einraumgaststätten, die sich als Rauchergaststätte deklarieren dürfen, bedient
sich der vorliegende Gesetzentwurf einer Formulierung aus dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichtes. So heißt es jetzt neu in Paragraf 4, dass in jenen
Gaststätten (und ich zitiere) ¿eine Abgabe von zubereiteten Speisen nicht oder
lediglich als untergeordnete Nebenleistung erfolgt¿. Das sind die Worte aus
Karlsruhe, das ist aber keine klare Definition zur Abgrenzung von Speise- und
Schankwirtschaften. Eine solche klare Abgrenzung, die dann im Vollzug auch
handhabbar ist, hat aber unser Landesverfassungsgericht formuliert, indem es
auf die Erlaubnis nach Paragraf 1 Absatz 1 Nummer 1 Gaststättengesetz abstellt.
Zu einer solchen gaststättenrechtlichen
Abgrenzung von Schank ¿ und Speisegaststätte hat sich eine gefestigte
Rechtsprechung herausgebildet. Deshalb plädiere ich dafür, genau so zu
verfahren.
Ich wünsche uns eine offene
Diskussionsatmosphäre. Und ich wünsche
mir auch künftig einen effektiven Nichtraucherschutz in Sachsen-Anhalt.
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