Aktuelle Pressemitteilungen - Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
?Es darf keinen Generalverdacht geben? / Gesundheitsminister Bischoff gegen Gruppendiskriminierung bei Blutspende
21.02.2013, Magdeburg – 11
- Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
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Rede von Gesundheitsminister
Norbert Bischoff im Landtag am 21. Februar zu TOP 21 / Abbau von
gruppenbezogener Diskriminierung im Bezug auf Blutspende-Regelungen / Fraktion Bündnis
90/Die Grünen
Sperrfrist: Redebeginn! Es gilt das gesprochene Wort!
Wenn es um Blutspende geht, dann
steht an erster Stelle natürlich der Gesundheitsschutz. Bluttransfusionen
müssen unbedenklich und frei von Krankheiten sein.
Dafür wird viel getan: Der
Gesundheitszustand von Blutspendern wird überprüft, das Blut wird getestet, Fragebögen
sind auszufüllen. Das Personal ist qualifiziert und wird auch fortlaufend weitergebildet.
Blutspendeeinrichtungen müssen kontrollieren und dokumentieren.
Sehr viele Menschen in
Sachsen-Anhalt sind auf Spenderblut angewiesen. Regelmäßig wird daher von
Blutspendediensten und Kliniken zum Spenden aufgerufen. Menschen, die sich
bereit erklären, ihr Blut für die Behandlungen Kranker zu spenden, werden
händeringend gesucht.
Ein genereller Ausschluss bestimmter
Personengruppen von der Blutspende sollte daher gut überlegt sein.
Vor der Blutabnahme muss jeder
Spender eine ärztliche Voruntersuchung durchlaufen, bei der neben einer Vielzahl
von messbaren Vitalparametern auch Risikofaktoren festgestellt werden. Dazu
gehören Auslandsaufenthalte in Regionen mit erhöhtem Infektionsrisiko,
infektiöse Vorerkrankungen sowie Fragen nach häufig wechselnden Sexualpartnern
und Partnerinnen sowie Tätigkeiten als männliche oder weibliche Prostituierte.
Bei männlichen Spendern steht außerdem die Frage nach männlichen Sexualpartnern
an.
Die derzeit geltenden Richtlinien
zur Gewinnung von Blut von Bundesärztekammer und Paul-Ehrlich-Institut stellen
homo- und bisexuelle Männer in eine ähnliche Risikogruppe wie Drogenabhängige,
Prostituierte und Strafgefangene. Ihnen wird die Möglichkeit zur Blutspende
verwehrt.
Ohne Frage soll die größtmögliche Sicherheit von Blutspenden
gewährleistet werden. Dennoch stellt der pauschale Ausschluss von homosexuellen
Männern von der Blutspende einen Generalverdacht her. Ein Ausschluss von Männern, die mit anderen Männern Sex haben, rührt aus der Tatsache, dass in den späten 80er Jahren
gehäuft HIV durch Blutprodukte übertragen wurde. Damals hat die Gesellschaft
kompromisslos reagiert, um jedes mögliche Risiko auszuschalten. Der Sicherheit
der Empfänger von Blutprodukten wurde absolute Priorität eingeräumt - auch um
den Preis, dass viele Menschen ungerechtfertigt ausgeschlossen werden.
Wir sind aber nicht mehr in den 1980er Jahren, wir sind im
Jahr 2013. Die Tests auf HIV-Antikörper sind heute äußerst zuverlässig. Daher stellt
sich berechtigt die Frage, ob weiterhin ein Dauerausschluss von homosexuellen
Männern gerechtfertigt ist. Interessanterweise wurde
die genannte Richtlinie zur Gewinnung von Blut zuletzt im Jahr 2010 geändert,
ohne dabei jedoch auf die aktuellen Entwicklungen einzugehen. Das heißt, dass
nach wie vor eine Diskriminierung von homosexuellen Männern vorliegt.
Diese nach wie vor bestehende
Diskriminierung hat bereits im Dezember vergangenen Jahres im Landtag von Nordrhein-Westfalen
zu Diskussionen geführt. Die dortige Landesregierung steht der Abschaffung der
Diskriminierung homosexueller Männer positiv gegenüber und wird sich im März im
Rahmen einer Sozialausschusssitzung weiter mit diesem Thema beschäftigen.
Nicht allein in Deutschland, auch in
anderen Ländern Europas und darüber hinaus gibt es zu diesem Thema eine
lebhafte Diskussion. Die Ergebnisse sind sehr unterschiedlich. Ein gutes
Beispiel bietet Italien: Dort können homosexuelle Männer schon seit 2001
offiziell Blut spenden. Ein sprunghafter Anstieg von HIV-infizierten
Blutspenden wurde nicht festegestellt. In Spanien, Australien und Südafrika hingegen
gelten Regelungen, die homosexuelle Männer befristet von einer Blutspende
zurückstellen. Hier wird aber sexuelle Enthaltsamkeit teils über Jahre hinweg verlangt.
Das nenne ich unrealistisch.
Ich bin der Auffassung, dass sexuelle Präferenzen nicht
darüber entscheiden dürfen, ob Blut gespendet werden darf oder nicht. Daher
sollten Blutspender nicht nach der Zugehörigkeit zu Risikogruppen, sondern
explizit nach dem Risikoverhalten gefragt werden. Es darf keinen
Generalverdacht geben.
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