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Aktuelle Pressemitteilungen - Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung

Rede Petra Grimm-Benne, Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration
SPERRFRIST: 20. Juni 2017, 14:50 Uhr ? Redebeginn
Landtagssitzung vom 20. bis 22. Juni 2017
TOP 2 zur LT- Drs. 7/1435 ?Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Kinderförderungsgesetzes" der Fraktion DIE LINKE vom 30. Mai 2017
ES GILT DAS GESPROCHENE WORT!

20.06.2017, Magdeburg – 60

  • Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

 

Mit dem Rechtsanspruch auf eine Kinderbetreuung und dem gleichen Zugang

zu Bildung für alle Kinder von Anfang an sind bei uns in Sachsen-Anhalt gute

und im Vergleich zu anderen Bundesländern exzellente Grundlagen geschaffen, um

Bildungsgerechtigkeit zu fördern und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu

ermöglichen. Wir haben ein flächendeckendes, gut ausgebautes Netz an

Kindertagesstätten.

 

Das wollen und werden wir erhalten, das ist nicht umsonst in der

Koalitionsvereinbarung explizit festgelegt. Der Zugang zu frühkindlicher

Bildung stellt entscheidende Weichen für den Bildungserfolg von Kindern dar.

 

Wir haben die Landespauschalen im vergangenen Jahr angepasst, damit

Erzieherinnen und Erzieher für ihre anspruchsvolle und wichtige Arbeit

angemessen entlohnt werden.

 

Und wir werden das Kinderförderungsgesetz bis Jahresende novellieren ?

auf Grundlage der Evaluierung, unter Berücksichtigung aktueller Gutachten auch

vom Landesrechnungshof.

 

Am Ende wird eine transparente, nachvollziehbare und umfassende Finanzierungssystematik

stehen, und wir streben eine Verbesserung der tatsächlichen

Fachkraft-Kind-Relation in den Einrichtungen vor Ort an. All das steht im

Koalitionsvertrag.

 

Die Fraktion DIE LINKE fordert gute Startchancen für alle Kinder

unabhängig von Status und Herkunft der Eltern. Da kann ich nur sagen: Das

wollen wir auch. Das wollen wir alle. Und das lösen wir schon heute umfänglich

ein.

 

Anrede,

 

ich lasse mir unsere Kinderbetreuung nicht schlecht reden. Wir haben

eine gute Kinderbetreuung, eine Kinderbetreuung, die die Vereinbarkeit von

Familie und Beruf weit besser möglich macht, als in vielen anderen

Bundesländern. Wir haben sehr lange Öffnungszeiten, wir haben sehr gut

ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher. Und wir haben uns mit allen Ministerinnen

und Ministern der Länder in Quedlinburg darauf verständigt, dass die Qualität

in der Frühkindlichen Bildung bundesweit noch weiter verbessert werden muss.

Der Bund wird sich hierfür auch finanziell engagieren.

 

Was wir brauchen, sind neue, transparente Finanzierungsregelungen. Das

ist der Hintergrund, vor dem die Novelle des Kinderfördergesetzes ansteht.

 

Dazu haben wir eine Schrittfolge vereinbart. Die Schrittfolge heißt:

evaluieren, auswerten, Schlüsse ziehen. Denn bevor wir einen Gesetzentwurf vorlegen,

wollen wir wissen: wo wird welches Geld veranschlagt? Nur dann können wir

klären: Wie können wir es besser, transparenter, einsetzen. Wir sind mitten in

diesem Prozess, wir warten auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und auf

die Ergebnisse der Untersuchung des Landesrechnungshofs.

 

In dieser Situation legt die LINKE ihren Entwurf vor. Und sie versucht

ganz offensichtlich, den Eindruck zu erwecken, man könne Eltern und Erzieher

rundheraus glücklich machen, wenn man nur bereit ist, genug Geld in die Hand zu

nehmen 

 

Anrede,

 

das ist unredlich.

 

Anrede,

 

es gibt Handlungsbedarf. Das ist unbenommen. Aber es gibt keine

Situation, in der ? wie die Linken behaupten ? die Elternbeiträge landauf

landab in ?enorme Höhen? steigen.

 

Wir haben uns natürlich alle Kita-Beitragssatzungen der Gemeinden,

Verbandsgemeinden und kreisfreien Städte angeschaut. Was man da sieht? Man

sieht, dass in deutlich mehr als der Hälfte der Kitas für eine 10-stündige

Krippenbetreuung weniger als 200 Euro Elternbeitrag zu bezahlen sind. Bei

8-stündiger Krippenbetreuung liegen sogar mehr als 80 % aller Satzungen unter

der Grenze der Höhe des Kindergeldes.

 

Da galoppieren keine Elternbeiträge! Ganz offenbar legen sich vielmehr

die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sehr ins Zeug, um moderate

Elternbeiträge halten zu können, und es sind wenige Gemeinden, in denen die

Kosten deutlich gestiegen sind. Gleichwohl bestimmen diese Fälle die

öffentliche Wahrnehmung. Man muss in diesem Zusammenhang auch fragen dürfen,

woran das im Einzelfall liegt.

 

Anrede,

 

Die LINKEN versprechen Beitragsfreiheit. Ich sage: Ohne den Bund werden

wir das nicht schaffen. Wir können nicht aus dem Vollen schöpfen.

 

Nicht beim Geld, und auch nicht beim Personal. Und damit bin ich beim

nächsten Punkt.

 

Es gibt keine Situation, in der tausende Erzieherinnen und Erzieher vor

der Tür stünden, um die Quoten zu erfüllen, die Die Linken ansetzen.

 

Wir bräuchten in fünf Jahren 3.000 Erzieherinnen und Erzieher mehr, um

die durch diesen Gesetzentwurf neu entstehenden Bedarfe zu decken. Fünf Jahre ?

das ist die Zeit, die die Ausbildung einer Erzieherin dauert. Jede einzelne,

jeder einzelne müsste seine Ausbildung jetzt im Sommer beginnen. So viel zur

Realisierbarkeit.

 

Dazu kommt, dass wir auch bei den bestehenden Fachkraft-Kind-Relationen

Tausende neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im System brauchen werden, weil

viele Erzieherinnen kurz vor der Rente stehen. Fast jede zweite ist 50 Jahre

und älter, das hat uns die Evaluierung gerade noch einmal deutlich aufgezeigt.

 

Anrede,

 

die Fraktion Die LINKE wirbt mit dem Satz ?Qualität rauf, Elternbeiträge

raus?. Sie verspricht Vereinfachung der Finanzierungsströme und transparente

Finanzierung.

 

Einlösen tut sie das nicht. Vielmehr gehen hier Anteile hoch, dort

runter. Das bringt keine Vereinfachung von Verwaltungsvorgängen. Das bringt

enormen Mehraufwand.

 

Lassen Sie mich einige Punkte noch einmal herausgreifen, um deutlich zu

machen, was ich meine. 

 

Erstens: Die Finanzierung soll umgestellt werden. Das Land

soll sich an den Personalkosten der Erzieherinnen beteiligen, mit steigenden

Quoten. Das ist keine neue Idee. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

wirbt seit Jahren für diesen Weg, wir haben das schon bei der letzten Novelle

debattiert (ich schaue hier mal Thomas Lippmann ganz direkt an ?). Und ich

selbst habe durchaus Sympathien für diesen Ansatz.

 

Aber mit Blick auf den vorliegenden Gesetzentwurf kann ich leider doch

nur sagen: Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Wenn Sie eine weitere

Fokussierung auf die Personalkosten wollen, braucht das Zeit.

 

Zweitens: Der Entwurf will Eltern entlasten, und er will die

Arbeitssituation von Erzieherinnen und insbesondere auch von Leitungskräften

verbessern.

 

Würde das so umgesetzt, würden nicht nur dreistellige Millionenbeträge

in den kommenden Jahren extra aus der Landeskasse ins System fließen müssen und

das Finanzierungssystem würde geradezu undurchschaubar.

 

Auch wir denken darüber nach, ob eine stärkere Fokussierung auf die

Personalkosten sinnvoll wäre. Aber wir werden in Ruhe prüfen, wir werden die

Evaluierung auswerten und hoffentlich bald zusätzlich die Ergebnisse der

Untersuchungen des Landesrechnungshofs auf dem Tisch haben, die ja für den

Sommer angekündigt sind. Und dann werden wir Ihnen am Ende ein transparentes,

ausgewogenes System vorschlagen.

 

Drittens: Die LINKEN setzen auf eine Bündelung der

Zuständigkeiten beim Landkreis. Aber das Ganze müsste dann auch richtig

eingebettet sein. Wir müssen die Verantwortlichkeiten sorgsam austarieren.

Genau zu diesem Punkt ist ja das Bundesverfassungsgericht angerufen worden.

 

Sorgsam austarieren heißt auch, die Interessenlagen von Gemeinden,

Landkreisen und Eltern angemessen zu berücksichtigen und soweit als möglich auf

bewährte Strukturen zu setzen.

 

Nicht überall wird dies möglich sein. Dennoch: unser Anspruch muss sein,

das System Kinderbetreuung in Ruhe arbeiten zu lassen und diejenigen, die auch

finanziell dazu beitragen, stärker einzubinden.

 

Anrede,

 

der Gesetzentwurf DER LINKEN kappt zwei von vier Säulen der bisherigen

Kita-Finanzierung. Die Gemeinden sind weitestgehend raus, die Eltern sollen in

fünf Schritten entlastet werden, bei komplexen Rechenoperationen im

Hintergrund.

 

Daneben verstecken sich im Entwurf weitere, neue Kostenpositionen ?

neben der jährlich anwachsenden Einführung von Vor- und Nachbereitungszeiten

für Erzieherinnen in den kommenden 5 Jahren, die Kompensation des

Personalausfalls in steigenden Raten und der Anrechnung von Leistungsstunden,

über die ja bereits seit langem gesprochen wird, sind das z.B. die

Kostenbeteiligung des Landes an den Fortbildungen der Fachkräfte, oder die

Betreuung von Praktikantinnen und Praktikanten mit je 2,5 Std. / Woche

anrechenbare Anleitungsstunden.

 

Aber das nur am Rande. Dies alles zusammen ist kaum transparent und

enthält sehr viele unkalkulierbare Risiken.

 

Die Fraktion DIE LINKE will alle diese Neuerungen zum 1. Januar. Noch

einmal: Das ist ? abgesehen von fehlender Finanzierbarkeit und vielen weiteren

offenen Fragen ? wohl kaum realistisch.

 

Anrede,

 

der Gesetzentwurf der Landesregierung, dessen Bausteine wir intensiv mit

allen Beteiligten diskutieren, wird hier einen ausgewogeneren Weg gehen. Wir

werden ihn im zweiten Halbjahr vorlegen.

 

Vielen Dank!

 

 

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